IHK Digital Transformation Map: Geschäftsmodell und Produkte

Im Rahmen der IHK Digital Transformation Map, wird in diesem Fachbeitrag das Segment “Geschäftsmodell und Produkte”  mit vorausgewählten Methoden-Angeboten präsentiert. Ziel des Modells und der Methodenangebote ist es, Unternehmen effizient in (digitalen) Transformationsprojekten zu unterstützen. Die weiteren Segmente lauten “Prozesse und Strukturen” und “Mensch und Unternehmenskulturen”.
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Geschäftsmodelle der Zukunft: Ansätze für langfristige Marktfähigkeit

Geschäftsmodelle und Produkte bilden für viele Menschen den Kern eines Unternehmens.
  • Das Geschäftsmodell beschreibt, womit Unternehmen Wertschöpfung erzielen und warum sie erfolgreich am Markt teilnehmen.
  • Produkte spiegeln die Marke von Unternehmen wider – mit der sich sowohl Mitarbeitende im Unternehmen als auch Kunden identifizieren können.
Je stärker emotional eine Marke aufgeladen ist, desto erfolgreicher ist sie am Markt. Mercedes Benz steht für Tradition, Luxus und Komfort. Aldi für tiefe Preise zu guter Qualität. Apple für Lifestyle. Kurzum: Geschäftsmodelle und Produkte sind oftmals so tief in der Unternehmens-DNA verankert, dass es kaum vorstellbar ist, daran etwas zu verändern oder radikal umzustellen.

Der Markt wandelt sich kontinuierlich

Es gibt allerdings Beispiele in der Geschichte, die das Gegenteil beweisen. Vor allem Unternehmen, die schon lange existieren, haben sich mit dem Wandel der Zeit immer wieder neu erfinden müssen: 
  • Das 1923 gegründete Bergwerksunternehmen Preussag hat sich bis zum Jahr 2000 in den Touristikkonzern TUI verwandelt.
  • Mannesmann war ein Röhrenbauer, bevor es zum Handyanbieter wurde.
  • Und Nokia hat Gummistiefel hergestellt, bis es sich zum Weltmarktführer von Mobiltelefonen transformierte.
Die letzten beiden Unternehmen stehen symbolisch dafür, was passiert, wenn Markveränderungen verschlafen (oder milder formuliert verpasst) werden:
  • Mannesmann wurde im Rahmen einer feindlichen Übernahme von Vodafone geschluckt. 
  • Nokia hat das Aufkommen des Smartphones völlig verpasst und wurde von Apple und anderen Anbietern überrundet.
Immerhin hat sich das finnische Unternehmen wieder neuerfunden – und ist heute einer der weltweit größten Netzwerkanbieter.
Diese und unzählige hier nicht erwähnten Beispiele verdeutlichen: Selbst tief in der Unternehmens-DNA verwurzelte Geschäftsmodelle und Produkte sind kein Garant für kontinuierlichen Erfolg am Markt. Verantwortliche sollten sich darum, vor allem im Zuge der Digitalisierung, überlegen: Wie sieht unser Geschäftsmodell in den nächsten 5-15 Jahren aus? Welche Produkte können wir in Zukunft mit wirtschaftlichem Erfolg anbieten?

Digitalisierung und destruktive Innovation

Die Digitalisierung bietet Unternehmen neue Möglichkeiten, mit an Produkten gekoppelten Services ihr Geschäftsmodell zu erweitern: Ein Beispiel ist die Umstellung von klassischer Software, die vorher einmal gekauft wurde, auf Abo-Modelle mit Monats- oder Jahreslizenzen. Mit solchen Modellen binden Unternehmen ihre Kunden langfristiger an sich.
Auch die Automobilbranche offenbart Beispiele, wie sich Geschäftsmodelle verändern: Weg vom klassischen Fahrzeughersteller, hin zum „softwareorientierten Mobilitätsdienstleister“ (Volkswagen-CEO Ralf Brandstätter). Ganz nebenbei und scheinbar unbemerkt, entwickeln sich Daten zu einer Art Währung, da diese einen enorme Wertschöpfung für das digitale Geschäftsmodell bilden. Daten sind die Voraussetzungen für Plattformökonomien, womit sich die Überleitung zum nächsten Punkt quasi von selbst ergibt. 
Gern zitiert wird der Plattform-Ansatz: Eine Plattform produziert nichts. Sie bietet aber dennoch einen Mehrwert, weil sie die Kundenseite mit der Anbieterseite verbindet. Fakt: Durch vorhandene Daten.

Methoden

Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich in einer Transformation: Wenn Unternehmen weiterhin markfähig bleiben möchten, sollten sie ihr Geschäftsmodell kritisch hinterfragen. Dazu gehört auch die Bereitschaft, unter Umständen das eigene Geschäftsmodell zu kannibalisieren – und möglicherweise zu zerstören, bevor es andere tun. Dieser Ansatz der destruktiven Innovation ist omnipräsent. Es gilt, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, neue Produkte, neue Marken, selbst, wenn die Muttermarke darunter leidet.
Die folgenden drei Methoden bieten mögliche Ansätze dafür:

Die PESTEL-Analyse

PESTEL ist ein Akronym aus sechs englischen Faktoren, die für Umfeldanalysen empfohlen werden: Political, Economic, Social, Technological, Environmental, Legal. 

Ins Deutsche übertragen bedeutet das, dass Unternehmen makroökonomischen Entwicklungen untersuchen und schriftlich kategorisiert in die sechs Faktoren erfassen solllten. Vereinfacht formuliert: Wie beeinflussen politische, ökonomische, soziokulturelle, technologische, ökologisch-geographische und rechtliche Parameter das eigene Unternehmen?

All diese Einflüsse werden analysiert und Marktchancen sowie Gefahren identifiziert. Wer mag, kann die die erfassten Erkenntnisse der Umfeldeinflüsse in eine SWOT-Analyse übertragen, worauf in einem Online Impulse IHK Digtial Transformation Map umfangreich eingegangen wird.
Fazit: Aus dieser Umfeld- und SWOT-Analyse lassen sich potenzielle Geschäftsmodelle ableiten. 

Der 5-Kräfte-Ansatz

Der US-Ökonom Michael Porter entwickelte in den 1980-er Jahren folgenden Gedanken: Jedes Unternehmen, egal in welcher Branche, unterliegt fünf Wettbewerbsfaktoren, nämlich den Markteintritt neuer Wettbewerber, die Bedrohung, aus dem Markt zu verschwinden, die Verhandlungsmacht der Abnehmer, die Verhandlungsmacht der Lieferanten und die Rivalität zwischen bestehenden Wettbewerbern.
Bei diesem Ansatz schauen Unternehmen also auf ihr direktes Marktumfeld. Vor allem die Verhandlungsmacht der Abnehmer hat heute große Bedeutung. Kunden haben durch die sozialen Medien eine viel größere Einflussmacht auf Unternehmen, als dies noch vor zehn oder zwanzig Jahren vorstellbar gewesen wäre. Für Unternehmen gilt es, diese zur eigenen Stärkung oder zur eigenen Stärke zu nutzen.

Der Red Ocean vs. Blue Ocean Ansatz

Bei diesem Ansatz sollten sich Unternehmen die Frage stellen: Sollten wir weiterhin in einem gesättigten Markt mit vielen Marktteilnehmern (Red Ocean) die bekannte Nachfrage von Kunden bedienen? Oder sollten wir mit innovativen Geschäftsmodellen in neue Wachstumsmärkte eindringen oder gar einen komplett neuen Markt schaffen (Blue Ocean)?
Wem es gelingt durch neue Geschäftsmodelle und Produkte eine ganz neue Nachfrage zu kreieren, macht Wettbewerber irrelevant. Unternehmen mit Red-Ocean-Strategien müssen sich entscheiden: Differenzieren wir das Angebot aus oder versuchen wir durch immer weitere (aber für Kunden nicht sichtbare) Effizienzsteigerungen Kosten zu sparen? Unternehmen mit Blue-Ocean-Strategie hingegen streben einen Ausgleich des Gesamtsystems an. Ihre Kosten sind konkurrenzlos, ihre Produkte alternativlos ausdifferenziert.

Die Zukunft antizipieren

Welchen Ansatz ein Unternehmen auch wählt: Es geht immer darum, mit Mut und Unternehmergeist die Zukunft zu antizipieren. Stellen wir uns einen Ampelhersteller vor, der sich fragt, wie die Ampel der Zukunft aussehen wird, wenn die Autos autonom und vernetzt fahren. Der klassische, zurückhaltende Ansatz wäre: Wir brauchen Ampeln, die mit den autonomen Autos kommunizieren können. Vielleicht auch größere Lampen, die besser von den Sensoren der Autos erkannt werden. Der innovativ-destruktive Ansatz wäre hingegen: In Zukunft benötigen wir überhaupt keine Ampeln mehr. Unser Geschäftsmodell als Ampelhersteller bricht völlig weg. Die intelligenten und vernetzten Fahrzeuge erkennen den heranbrausenden Fahrradfahrer schon, bevor er um die Ecke gefahren kommt – und bremsen. Also müssen wir uns ein neues Geschäftsmodell überlegen.

Fazit: den Unternehmergeist wecken

Geschäftsmodelle und Produkte bilden den Kern eines Unternehmens und einer Unternehmensidentität. Sie können klassisch gedacht werden, um langfristig am Markt bestehen zu können. In unserer hoch technologisierten Welt ist es allerdings ratsam, den Unternehmergeist zu wecken und sich auch mit innovativ-destruktiven Ansätze zu beschäftigen. Wer umtriebig bleibt und sein Umfeld kontinuierlich kritisch betrachtet, erkennt auch schneller Chancen, das Geschäftsmodell neu zu denken, zu erweitern und dadurch langfristig den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern.

Visualisierung des Modells 

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Online-Impulse

Begleitend zu diesem und weiteren Fachbeiträgen rund um die IHK Digital Transformation Map bieten wir jeden zweiten Donnerstag im Monat kostenfreie Online-Impulse an. In den Impulsvorträgen werden nach und nach, stets kurzweilig, das Konzept, die Modellgrenzen, die Segmente und jeweilige, erste ausgewählte Methoden präsentiert. 
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(Autor: Gordon Geisler, Herausgeber: Emmanuel Beule)