Gamification: Chancen oder Gefahren für das Business?

Der Aspekt Arbeit in spielerische Elemente und Abläufe zu überführen, spielt eine immer wichtigere Rolle im Arbeitsleben. Was die Idee von spielerischen Belohnungssystemen ist, ob sie im Business etwas bringen - oder was nicht - und wenn doch, wie sie eingeführt werden können, ist Teil dieses Beitrags.

Hintergründe und Artikelaufbau

Der Begriff „Gamification" wurde Anfang der 2000er Jahre in der digitalen Spieleindustrie geprägt. Der genaue Ursprung lässt sich nicht auf eine einzige Urheberschaft zurückführen. Interessant ist, wie sich der Begriff im Laufe der Zeit in verschiedenen Kontexten, Berufen und Branchen entwickelt hat und in unterschiedlichen Märkten und Aktivitäten Anwendung findet – teilweise ganz unbemerkt.
Nick Pelling, ein britischer Computerspieleentwickler, machte sich bereits Anfang der 1980er Jahre einen Namen in der IT-Welt. Er untersuchte Spiel- und Arbeitskonzepte, die sich auf verschiedene Anwendungen außerhalb von Computerspielen übertragen ließen. Vermutlich geht der Begriff oder zumindest der Trend des Gamifizieren auf seine Analysen und Vorhersagen zurück.
Kurz gesagt: Die Idee, Gamification außerhalb von Spielen als Arbeits-, Innovations- und Ergebnisunterstützung einzusetzen, begann sich Ende der 1990er Jahre zu entwickeln.
Unternehmen und Forscher begannen, spielerische Elemente und Prinzipien in nicht spielerische Kontexte wie Bildung, Marketing, Mitarbeiterengagement und Gesundheitsfürsorge zu integrieren – teils mit Erfolg, teils mit Widerstand. Zu oft verwechselt die erwachsene Geschäftswelt spielerisches Arbeiten mit infantilem Verhalten und scheinbar mangelnder Ernsthaftigkeit. 
Heute profitieren Assistenzsysteme, Social-Collaboration-Tools, Social-Business- und Social-Media-Anwendungen, aber auch Apps auf Mobiltelefonen und zahlreiche Softwareanwendungen in Unternehmen von Gamification-Elementen.
Werfen wir daher einen Blick auf die Anwendungen in der Praxis, auf den englisch dominierten und teilweise unklaren Fachjargon Rund um Gamification. Wichtig sind die Chancen und Risiken, die auf Basis von spielerischen Anwendungen in Unternehmen genutzt werden oder zukünftig genutzt werden könnten. Abschließend wird ein Ausblick auf die Einführung solcher Werkzeuge gegeben und ein Fazit gezogen.

Welchen Nutzen bietet Gamification der Arbeitswelt?

In der Arbeitswelt wird Gamification eingesetzt, um unterschiedliche Personengruppen zu motivieren, ihre Produktivität und ihr Engagement zu steigern und bestimmte Verhaltensweisen oder Fähigkeiten zu fördern.
Im Folgenden sind einige Vorteile aufgeführt, die Gamification in der Arbeitswelt bieten kann.
Anmerkung: Leider lassen sich einige Fachbegriffe nicht vermeiden, aber wir halten uns an unsere selbst auferlegte Regel, diese in eine verständliche Sprache zu übertragen. Wenn etwas unklar ist, schicken Sie uns gerne eine E-Mail und wir werden es verbessern.
Überlegen Sie kritisch, ob Sie in Ihrem Arbeitsumfeld einen Vorteil daraus ziehen können:
  • Erhöhte Motivation: Durch den Einsatz von Spielelementen, wie Punkten, Medaillen, Ranglisten oder Erfolgen, können Mitarbeitende motiviert werden, bestimmte Aufgaben zu erfüllen oder Leistungsziele zu erreichen.
  • Engagement und Beteiligung: Gamification kann dazu beitragen, dass Mitarbeitende aktiver an Prozessen oder Schulungen teilnehmen, da sie durch spielerische Elemente unterhalten und herausgefordert werden.
  • Lernen und Weiterbildung: Spielebasierte Lernplattformen können den Lernprozess attraktiver und interaktiver gestalten. Mitarbeitende können durch solche Plattformen oft effektiver neue Fähigkeiten erlernen oder vorhandenes Wissen vertiefen. Hierzu bieten wir regelmäßig folgende Online-Impulse: Neues Lernen an.
  • Teamarbeit und Kollaboration: Team-basierte Spiele oder Herausforderungen können die Zusammenarbeit fördern und ein Gefühl der Gemeinschaft unter den Mitarbeitenden schaffen.
  • Verhaltensänderung: Gamification kann genutzt werden, um gewünschte Verhaltensweisen zu fördern, sei es in Bezug auf Compliance-Richtlinien, gesundheitliche Gewohnheiten oder umweltfreundliche Praktiken.
  • Feedback und Anerkennung: Sofortiges Feedback durch Punkte, Abzeichen oder andere Belohnungen kann Mitarbeitenden helfen, ihren Fortschritt zu erkennen und gibt ihnen das Gefühl, für ihre Anstrengungen anerkannt zu werden.
  • Analyse und Einsicht: Gamifizierte Systeme können Daten über die Aktivitäten und Leistungen von Mitarbeitenden und vernetzen Maschinen sammeln, was Führungskräften wertvolle Einblicke in Stärken, Schwächen und Entwicklungspotenziale bietet.
  • Probleme lösen: Spielbasierte Ansätze können dazu beitragen, kritisches Denken und Problemlösungsfähigkeiten zu fördern, indem sie unterschiedliche Personengruppen mit Herausforderungen konfrontieren, die sie auf kreative Weise bewältigen müssen.
  • Erhöhte Nachhaltigkeit: Indem Arbeitsprozesse unterhaltsamer und belohnender gestaltet werden, kann Gamification dazu beitragen, die Mitarbeiterbindung zu erhöhen, Absentismus zu reduzieren und eine Fluktuation zu verringern.
Gamification kann zweifellos viele Vorteile bieten. Es ist jedoch wichtig, vor dem Einsatz eine sorgfältige Bedarfs- und Nutzenanalyse durchzuführen, um eine erfolgreiche Implementierung und eine rentable Nutzung zu gewährleisten.
Nicht jede Gamification-Strategie eignet sich für jede Organisationskultur oder sämtliche Mitarbeitenden. Ein übermäßiger oder schlecht durchdachter Einsatz von Gamification kann sogar negative Auswirkungen haben, indem Mitarbeitende frustriert werden und der Eindruck entsteht, dass ernsthafte Aufgaben „gamifiziert" nicht zum Ziel führen. 
Daher ist es wichtig, den Kontext, die Ziele und die Bedürfnisse der Aufgaben bzw. der Mitarbeitenden zu berücksichtigen, um eine erfolgreiche Gamification-Strategie zu entwickeln.

Fallbeispiele aus der Arbeitswelt

Die folgenden Fallbeispiele bieten initiale Impulse, über Einsatzmöglichkeiten im eigenen Umfeld nachzudenken. Letztlich hängt es immer von den eigenen Produkten, dem Geschäftsmodell, den Mitarbeitenden und/oder der Kundengruppe ab, ob und wie Gamification eingesetzt werden kann. Es geht hier darum, herauszufinden, ob durch den Einsatz spielerischer Elemente ein Problem schneller gelöst oder ein qualitativ wünschenswertes Ergebnis besser als zuvor erzielt werden kann.
  • Bildung: In der Bildungsbranche wird Gamification verwendet, um den Lernprozess ansprechender zu gestalten. Plattformen wie Duolingo oder Babble setzen auf spielerische Übungen, um Sprachen zu erlernen. Manchen Unternehmen bieten Schulungen und Weiterbildungen an, die durch Gamification motivierender gestaltet werden, indem sie Punkte, Ranglisten und Belohnungen integrieren. So werden in Masterplan oder Bandao mit Lernpfaden Lernwettbewerbe mit Punktesystemen ausgelobt, damit Abteilungen oder Personengruppen um Lernerfolge eifern können.
  • Gesundheitswesen: Gesundheits- und Fitness-Apps nutzen Gamification, um Menschen zu mehr Bewegung und einem gesünderen Lebensstil zu motivieren. Fitnesstracker wie Fitbit, Running oder Samsung Health belohnen die Nutzer mit Abzeichen und vorgegebenen Herausforderungen, um sie zu mehr Bewegung zu motivieren. Darüber hinaus ermöglichen solche Apps Community-Wettbewerbe, bei denen sich Nutzer vernetzen und gemeinsam Ziele erreichen oder gegeneinander antreten.
  • Vertrieb und Marketing: Unternehmen setzen Gamification-Elemente ein, um Vertriebsmitarbeitende zu motivieren, ihre Leistungen zu steigern. Beispielsweise können Verkäufer Punkte sammeln, wenn sie bestimmte Verkaufsziele erreichen oder eine gewisse Schlagzahl an Telefonaten und Besuchen absolvieren, um die erzielten Punkte in Prämien oder Boni umzuwandeln. Kunden werden mit kleinen Online-Spielen auf Webseiten gelockt, um nach dem Spielen von vermeintlich gewonnenen Rabatten zu profitieren.
Hinweis: Im Verlauf dieses Artikels werden weitere Fallbeispiele aufgeführt und mit weiteren Anmerkungen ergänzt. 

Fachbegriffe, die Gamification mit IT-Anwendungen verbinden

Die Welt der Gamification-Entwicklung bzw. der Anwendungen und Mehrwertversprechen diverser Hersteller ist geprägt von englischen Fachbegriffen. Folgende Begriffe tauchen in verschiedenen Anwendungen immer wieder auf, weshalb wir zum besseren Verständnis eine Übersicht mit den jeweiligen Merkmalen und beispielhaften Einsatzgebieten aufführen:
  • Leaderboards (Ranglisten):
    • Beispiel: In einer Verkaufssoftware werden die Verkaufsmitarbeiter in Echtzeit auf einem Leader- oder Dashboard angezeigt, welches die aktuellen Leistungen anhand von Verkaufszahlen und anderen geforderten Werten anzeigt.
    • Einsatzgebiete: Vertriebsteams, Online-Spiele, Fitness-Apps.
  • Badges (Abzeichen):
    • Beispiel: In einer Lernplattform erhalten Benutzer Abzeichen für das Abschließen von bestimmten Lektionen oder das Erreichen von Wissenszielen.
    • Einsatzgebiete: E-Learning-Plattformen, Schulungsprogramme, Community-Foren.
  • Points (Punkte):
    • Beispiel: In einer Projektmanagement-Software können Projektmitarbeiter Punkte sammeln, wenn sie Aufgaben rechtzeitig abschließen oder Meilensteine erreichen.
    • Einsatzgebiete: Projektmanagement, Aufgabenverwaltung, Gamifizierte Trainingsprogramme.
  • Quests (Aufgaben oder Herausforderungen):
    • Beispiel: In einer Mitarbeiter-App können Quests gestaltet werden, bei denen Mitarbeiter bestimmte Aufgaben erfüllen müssen, um Prämien oder Anerkennung zu erhalten.
    • Einsatzgebiete: Mitarbeiterengagement, Schulung und Entwicklung, Onboarding.
  • Achievements (Erfolge):
    • Beispiel: In einem Videospiel werden Erfolge vergeben, wenn der Spieler bestimmte Ziele erreicht, wie das Besiegen eines Gegners oder das Abschließen eines Levels.
    • Einsatzgebiete: Videospiele, E-Learning, Fitness-Apps.
  • Avatars (virtuelle Charaktere):
    • Beispiel: In einer Online-Kollaborationsplattform können Benutzer virtuelle Avatare verwenden, um sich selbst in virtuellen Meetings oder Arbeitsumgebungen zu repräsentieren.
    • Einsatzgebiete: Virtuelle Zusammenarbeit, soziale Plattformen, Online-Gaming.
  • Narrative (Geschichte oder Hintergrund):
    • Beispiel: In einem Compliance-Training wird Gamification verwendet, um die Mitarbeiter durch eine interaktive Geschichte zu führen, in der sie Entscheidungen treffen müssen, um Compliance-Richtlinien zu verstehen.
    • Einsatzgebiete: Schulung und Compliance, E-Learning, Simulationen.
  • Echtzeit-Feedback:
    • Beispiel: In einer Mitarbeiter-Performance-App erhalten Mitarbeiter sofortiges Feedback zu ihrer Leistung nach Abschluss einer Aufgabe oder eines Projekts.
    • Einsatzgebiete: Mitarbeiterbewertung, Leistungsmanagement, Lernplattformen.
  • Gamification-Engine:
    • Beispiel: Eine Software-Engine, die die Verwaltung von Gamification-Elementen wie Punkten, Abzeichen und Ranglisten in verschiedenen Anwendungen ermöglicht.
    • Einsatzgebiete: Entwicklung von Gamification-Plattformen, Integration in bestehende Software.
  • Loyalty-Programme:
    • Beispiel: Viele Unternehmen in verschiedenen Branchen, wie Fluggesellschaften, Einzelhandelsketten und Restaurants, verwenden Gamification in ihren Treueprogrammen.
    • Kunden sammeln Punkte oder Belohnungen für ihre Einkäufe oder Aktivitäten.
Diese ausgewählten Fachbegriffe und verkürzten Beispiele verdeutlichen die breiten Anwendungsmöglichkeiten von Gamification. In der Regel steht hinter jeder der aufgeführten Beispiele ein umfassenderes Konzept, das eine ganzheitliche Betrachtung von der Ausgangsproblematik bis zur Zielerreichung beinhaltet.
Einen gemeinsamen Nenner teilen sich alle Anwendungen: Nutzer zu motivieren, sich zu engagieren und zu belohnen, um vorgegebene Ziele zu erreichen, sei es im Vertrieb, im Lernen, im Projektmanagement oder in anderen Unternehmensbereichen. Dann sind gut eingesetzte Gamification-Elemente Belohnungssysteme, die die Zufriedenheit der Anwender teils offensichtlich, teils unbewusst steigern.
Gamification wird in verschiedenen Branchen und Bereichen der Arbeitswelt erfolgreich eingesetzt. Die Integration von spielerischen Elementen und Belohnungssystemen kann dazu beitragen, langweilige oder monotone Aufgaben interessanter zu gestalten. In der Regel erhöht ein solches System die Bindung an das Unternehmen aus Sicht der Mitarbeitenden oder an eine Marke aus Sicht der Kunden.

Negativbeispiele für Gamification-Aspekte:

Bei all den positiven Ausprägungen kann es schnell zu Abstumpfungseffekten kommen. Wenn die Gamification-Elemente immer wieder die gleichen sind und sich Eingabemuster herausbilden, die nicht darauf abzielen, den Effekt zu erzielen, sondern das Eingabesystem so zu umgehen, dass lediglich ein positives Ergebnis dargestellt wird. Dann besteht die Gefahr, dass Gamification nicht nur zum Rohrkrepierer wird, sondern die Arbeit und ihre Ergebnisse behindert und verschlechtert. Folgend einige Cluster für Negativbeispiele:
  • Over-Gamification: Wenn Gamification übertrieben eingesetzt wird und die Arbeitnehmer das Gefühl haben, ständig in einem Wettbewerb zu stehen, kann dies zu Stress und Burnout führen.
  • Unfaire Belohnungssysteme: Wenn Belohnungen ungerecht verteilt oder nicht klar kommuniziert werden, kann dies zu Frustration und Unzufriedenheit führen.
  • Mangelnde Anpassung: Wenn Gamification-Mechanismen nicht auf die Bedürfnisse und Vorlieben der Zielgruppen zugeschnitten sind, können sie ineffektiv sein und sogar das Gegenteil von Motivation bewirken.

Gamification-Beispiele aus der Praxis

Im oberen Abschnitt haben wir bereits erste Beispiele aus der Arbeitswelt genannt. Um Ihnen weitere Anregungen zu geben, haben wir weitere bekanntere Fallbeispiele aus der Praxis aufgeführt, die Sie als Anwender nutzen bzw. im wahrsten Sinne des Wortes sehen können.
Ziel der folgenden Beispiele ist es, Eigenschaften und Anwendungsbereiche hervorzuheben, um Lösungsansätze für das eigene Umfeld zu antizipiren. Es handelt sich ausdrücklich nicht um Kaufempfehlungen oder Präferenzen für eine Marke.
Die folgende Auflistung kann eine Orientierung für eigene Anwendungsbereiche bieten, um selbstständig Konkurrenzprodukte zu vergleichen, oder Anregungen für die Entwicklung eigener Anwendungen für Ihre Kunden auslösen – so der Hintergedanke.
Bitte beachten Sie, dass es sich hier um „augenscheinlich schöne und perfekte Beispiele“ handelt: Was Sie nicht sehen, sind die dahinter stehenden Geschäftskonzepte, IT-Ressourcen, IT- und Geschäftsprozesse, die erforderlichen Voraussetzung und Ressourcen sowie und Programmierleistungen.
  • Nike Training Club: Diese Fitness-App verwendet Gamification, um Benutzer zu sportlichen Aktivitäten zu motivieren. Nutzer können Punkte sammeln und Abzeichen freischalten, indem sie Workouts absolvieren und persönliche Fitnessziele erreichen.
  • Salesforce: Das CRM-System Salesforce verwendet Gamification-Elemente, um Vertriebsteams zu motivieren. Mitarbeiter können Punkte sammeln, wenn sie Leads generieren, Deals abschließen und ihre Verkaufsziele erreichen.
  • Zynga-Spiele: Zynga ist bekannt für Spiele wie FarmVille und Words with Friends, die stark auf soziale Interaktion und Gamification setzen. Spieler können Belohnungen verdienen, um ihr Spielerlebnis zu verbessern.
  • EducationCity: Diese Plattform für den Bildungsbereich nutzt Gamification, um Schülern beim Lernen zu helfen. Lehrer können Schüler mit Belohnungen und Abzeichen motivieren, wenn sie bestimmte Aufgaben und Lernziele erreichen.
  • SAP Community: SAP, ein Unternehmen für Unternehmenssoftware, hat eine Community-Plattform mit Gamification-Elementen entwickelt. Mitglieder können Punkte sammeln, wenn sie Fragen beantworten, Artikel veröffentlichen und andere unterstützen.
  • Google Maps: Google Maps verwendet Gamification, um Benutzer dazu zu ermutigen, Bewertungen, Fotos und Informationen über Orte beizutragen. Nutzer können Punkte und Belohnungen erhalten, wenn sie aktiv an der Community teilnehmen.
  • Fitocracy: Diese Fitness-App konzentriert sich stark auf Gamification. Nutzer können Erfahrungspunkte (EP) sammeln, während sie Workouts absolvieren, und sich mit anderen Fitocracy-Benutzern in Wettkämpfen messen.
  • LinkedIn Learning: LinkedIn bietet mit LinkedIn Learning gamifizierte Elemente an. Benutzer erhalten Badges und Zertifikate für abgeschlossene Online-Kurse. Diese werden dem LinkedIn-Profil hinzugefügt, sodass Rekrutierer gewisse Skills filtern können.
Die ausgewählten Beispiele verdeutlichen, wie vielfältig die Anwendungen bzw. Einsatzgebiete von Gamification in verschiedenen Branchen sind, sei es in der Fitness, im Vertrieb, in der Bildung oder im sozialen Bereich. Vielleicht nutzen Sie Gamification bereits, ohne Ihre Vorgehensweise so zu nennen.

Gamification in der Produktion

Gamification-Lösungen lassen sich auch gut in der Produktion von Industrieunternehmen einsetzen, um die Motivation der Mitarbeitenden zu steigern, die Produktivität zu erhöhen und die Qualität der Arbeit zu fördern.
Im Folgenden werden einige Gamification-Beispiele in der industriellen Produktion vorgestellt:
  • Produktionswettbewerbe: Industrieunternehmen führen Wettbewerbe zwischen Mitarbeitende oder Teams durch, bei denen sie Punkte oder Belohnungen für das Erreichen von Produktionszielen vergeben. Diese Ziele können die Anzahl der hergestellten Einheiten, die Reduzierung von Ausschuss oder eine Verbesserung der kontinuierlichen Effizienz umfassen.
  • Digitale Score oder Dashboards: Unternehmen nutzen digitale Anzeigetafeln in der Produktionshalle, um die aktuelle Leistung und den Fortschritt in Echtzeit anzuzeigen. Dies kann zu einer Art Wettbewerb unter den Mitarbeitende führen und sie motivieren, ihre Ziele zu erreichen. So sind nicht nur Informationen darüber interessant, wie lange unfallfrei gearbeitet wurde, sondern auch, wie der Ausschuss reduziert und die Qualität verbessert wurde.
  • Digitale Zwillinge und Simulationsspiele: In einigen Unternehmen werden Simulationsspiele in virtuellen digitalen Zwillingen eingesetzt, um das Personal in realitätsnahen Szenarien zu schulen. Diese Spiele können beispielsweise dazu dienen, komplexe Maschinen oder Produktionsprozesse zu erlernen und zu beherrschen. Zunehmend werden dabei virtuelle Brillen eingesetzt, die ein echtes dreidimensionales Raumgefühl vermitteln, anstatt auf einem zweidimensionalen Bildschirm zu spielen.
  • Schulung und Onboarding: Gamification wird in Schulungs- und Onboarding-Prozessen eingesetzt, um neue Mitarbeiter schneller in die Produktionsumgebung zu integrieren und sicherzustellen, dass sie die erforderlichen Fähigkeiten erwerben.
  • Echtzeit-Feedback: Einige Unternehmen setzen Gamification ein, um den Mitarbeitenden Echtzeit-Feedback über ihre Leistung zu geben. Dies kann in Form von Punkten oder Belohnungen erfolgen und hilft den Mitarbeitenden, sich kontinuierlich zu verbessern.
  • Wartung und Instandhaltung: In der Instandhaltung von Maschinen und Anlagen können Gamification-Elemente verwendet werden, um Techniker dazu zu motivieren, regelmäßige Wartungsarbeiten durchzuführen und Probleme frühzeitig zu erkennen.
Die Auswahl und Implementierung der geeigneten Gamification-Maßnahmen ist entscheidend, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen und die Mitarbeitenden positiv zu beeinflussen.

Digitale Zwillinge mit Gamification-Elementen kombinieren

Der Einsatz von digitalen Zwillingen in Kombination mit Gamification-Elementen kann in verschiedenen Unternehmensbereichen Mehrwerte schaffen. Digitale Zwillinge sind virtuelle Abbilder von physischen Produkten, Prozessen oder Systemen, die Daten und Informationen in Echtzeit erfassen und analysieren. Die Integration von Gamification-Elementen in digitale Zwillinge kann dazu beitragen, die Nutzung und Effizienz dieser Technologie zu maximieren.
Folgend sind einige Einsatzgebiete und mögliche Mehrwerte aufgeführt:
  • Produktentwicklung und -verbesserung:
    • Unternehmen können digitale Zwillinge von Produkten erstellen und Produktentwicklerinnen und -entwickler dazu motivieren, diese in virtuellen Umgebungen zu testen und zu verbessern. Ganz nebenbei lassen sich so auch Arbeiten auf Distanz ermöglichen oder Kundenbefragungen aus anderen Kulturkreisen einbauen. Denn ein Produkt kann je nach Absatzmarkt kulturell andere Merkmale benötigen.
    • Gamification-Elemente wie Punkte und Belohnungen können für die Produktenwickelenden für innovative Ideen und Verbesserungsvorschläge vergeben werden. Die Produkttester können auf ähnliche Weisen belohnt werden.
  • Fertigungsprozessoptimierung:
    • Digitale Zwillinge von Fertigungsanlagen können dazu verwendet werden, Produktionsprozesse zu simulieren und zu optimieren.
    • Mitarbeitende können Punkte oder Auszeichnungen erhalten, wenn sie Verbesserungen in der Produktion implementieren, die zu Kosteneinsparungen oder Effizienzsteigerungen führen.
  • Wartung und Instandhaltung:
    • Digitale Zwillinge von Maschinen und Anlagen können risikofrei und permanent überwacht werden, um potenzielle Ausfälle vorherzusagen. So lassen sich bspw. Ausfälle und die Wiederherstellung samt Aufwänden und Zeiten simulieren.
    • Techniker können Herausforderungen oder Rätsel lösen, um Probleme zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln, wodurch ihre persönlichen Fähigkeiten verbessert und Standzeiten der Maschinen reduziert werden.
  • Training und Schulung:
    • Digitale Zwillinge bieten eine sichere Umgebung für das Training von Mitarbeitenden, insbesondere in gefährlichen oder komplexen Situationen.
    • Gamification kann in Schulungsprogrammen eingesetzt werden, um die Mitarbeitenden dazu zu motivieren, sich aktiv und risikoarm an den Trainingsaktivitäten zu beteiligen.
  • Umweltschutz und Nachhaltigkeit:
    • Digitale Zwillinge können verwendet werden, um den Energieverbrauch, die Abfallproduktion und den CO2-Ausstoß zu überwachen und zu reduzieren.
    • Mitarbeitenden können Belohnungen für umweltfreundliche Initiativen und Effizienzmaßnahmen erhalten.
  • Vertrieb und Kundenservice:
    • Digitale Zwillinge von Produkten oder Dienstleistungen können für Verkaufs- und Kundendienstzwecke genutzt werden, um den Kunden interaktive Erlebnisse zu bieten. Dies kann z.B. durch virtuelle Räume, Augmented Reality oder Mixed Reality geschehen.
    • Gamification-Elemente können in Verkaufswettbewerben oder bei der Kundenbetreuung verwendet werden, um Mitarbeitende für kontinuierliche Leistungen zu motivieren und die Kundenbindung zu stärken.
Die Kombination von digitalen Zwillingen und Gamification ermöglicht es Unternehmen, ihre Prozesse zu optimieren, die Mitarbeitermotivation zu steigern und innovative Lösungen zu entwickeln, um letztendlich Kunden zu binden bzw. neue Kunden zu gewinnen. Dabei ist es wichtig, die Gamification-Elemente sinnvoll in die Geschäftsprozesse zu integrieren und sicherzustellen, dass sowohl der Geschäftszweck eingehalten als auch die Erreichung der gewünschten Ziele unterstützt wird.  Vertiefungen dazu finden Sie unter Wie und wozu Geschäftsprozesse digitalisieren oder auch unter Organisation 4.0: Prozesse und Strukturen.

Umsetzungsvoraussetzungen

Die Einführung von Gamification im eigenen Unternehmen erfordert eine sorgfältige (Vor)Planung und Umsetzung. Im Folgenden sind einige Voraussetzungen aufgeführt, die Unternehmen berücksichtigen sollten, um Gamification erfolgreich einzuführen:
  • Klare Ziele festlegen:
    • Definieren Sie klare und messbare Ziele (SMART) für die Einführung von Gamification. Was wollen Sie mit der Einführung erreichen? Bspw. können dies Ziele wie die Steigerung der Mitarbeitermotivation, die Verbesserung der Produktivität oder die Förderung der Teamarbeit sein. Vergessen Sie dabei nie den kausalen Zusammenhang zum Geschäftszweck.
  • Identifikation geeigneter Bereiche:
    • Bestimmen Sie, in welchen Unternehmensbereichen oder Prozessen Gamification am besten geeignet ist. Nicht jeder Bereich benötigt Gamification oder ist dafür geeignet. Daher sollten Sie die Bereiche sorgsam auswählen, in denen gamifiziertes Arbeiten den größten Mehrwert bietet.
  • Verknüpfung mit Unternehmenszielen:
    • Stellen Sie sicher, dass die Gamification-Initiativen eng mit den strategischen Unternehmenszielen und -werten verknüpft sind. Gamification sollte die gewünschten Verhaltensweisen und Ergebnisse fördern.
  • Einbeziehung der Mitarbeiter:
    • Holen Sie die Meinungen und Ideen Ihrer Mitarbeitenden ein, bevor Sie Gamification einführen. Mitarbeitende, die in den Entscheidungsprozess einbezogen werden, sind oft motivierter und fühlen sich mehr mit dem Programm verbunden.
  • Auswahl geeigneter Gamification-Elemente:
    • Wählen Sie die richtigen Gamification-Elemente und Mechanismen aus, die am besten zu Ihren Zielen passen. Dies könnten Punktesysteme, Abzeichen, Wettbewerbe oder Herausforderungen sein.
  • Klare Kommunikation:
    • Kommunizieren Sie klar und transparent, wie die Gamification-Initiative funktioniert, welche Belohnungen verfügbar sind und wie die Mitarbeiter davon profitieren können. Die Erwartungen sollten von Anfang an deutlich sein.
  • Anpassungsfähigkeit und Feedback:
    • Seien Sie bereit, das Gamification-Programm basierend auf dem Feedback der Mitarbeiter anzupassen. Eine kontinuierliche Verbesserung ist wichtig, um die Akzeptanz und Effektivität sicherzustellen. So könnte es auch zwischendurch Gaming-Pausen geben.
  • Integration in den Arbeitsalltag:
    • Stellen Sie sicher, dass die Gamification nahtlos in den Arbeitsalltag integriert ist und die Produktivität nicht beeinträchtigt. Mitarbeitende sollten in der Lage sein, ihre Aufgaben effizient zu erledigen, während sie die Gamification-Elemente nutzen.
  • Datenanalyse und -auswertung:
    • Verfolgen Sie die Leistung und die Auswirkungen der Gamification anhand von Daten und Messungen. Dies ermöglicht es Ihnen, den Erfolg oder Misserfolg zu evaluieren und notwendige Anpassungen vorzunehmen.
  • Belohnungen und Anerkennung:
    • Anerkennung und Belohnungen sind Schlüsselelemente in der Gamification-Methode. Stellen Sie sicher, dass die Belohnungen attraktiv und motivierend sind, um die Teilnahme der Mitwirkenden zu fördern.
  • Datenschutz und Ethik:
    • Achten Sie darauf, Datenschutzbestimmungen einzuhalten und ethische Standards in Bezug auf Gamification zu wahren. Mitarbeitende sollten sich sicher fühlen und ihre Privatsphäre gewahrt wissen.
Die Einführung von Gamification erfordert Zeit und Engagement, kann aber erhebliche Vorteile in Bezug auf Mitarbeitermotivation, Kundenzufriedenheit und einer generellen Leistungssteigerung bieten. Eine gründliche Planung und regelmäßige Überprüfung der Erfolge oder Misserfolge sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Gamification-Initiativen effektiv und nachhaltig sind.

Fazit

Gamification hat das Potenzial, die Arbeitswelt in vielerlei Hinsicht zu verbessern und positive Veränderungen in Unternehmen zu bewirken. Es kann die Mitarbeitermotivation steigern, die Leistung verbessern und die Mitarbeiterbindung fördern. Es ist jedoch wichtig, Gamification sorgfältig zu planen und anzupassen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen und nicht gegenteilige Reaktionen zu provozieren. Hier macht vermutlich die Dosis das Gift.
Abschließend haben wir einen Positiv-Negativ-Vergleich nach Abteilungen erstellt, um den Einsatz spielerischer Systeme in Arbeitsaktivitäten zu implementieren oder zu vermeiden:

Mögliche Auswirkungen nach Abteilungen:

  • Vertrieb:
    • Positiv: Gamification kann den Vertriebsmitarbeitenden helfen, ihre Ziele zu erreichen und die Verkaufsleistung zu steigern. Ranglisten und Belohnungen können den Wettbewerb anregen und die Produktivität erhöhen.
    • Negativ: Übermäßige Gamification kann zu ungesundem Wettbewerb und Stress führen, wenn die Belohnungen zu stark auf kurzfristige Ziele ausgerichtet sind oder das Ziel zu Spielen größer wird, als die richtigen Lösungen oder Produkte zu verkaufen.
  • Produktion:
    • Positiv: Gamification kann die Produktivität der Mitarbeitenden in der Produktion steigern, indem sie Anreize schafft, effizienter zu arbeiten und Qualitätsstandards einzuhalten.
    • Negativ: Eine zu starke Konzentration auf Gamification kann dazu führen, dass Mitarbeitende die Qualität ihrer Arbeit opfern, um bestimmte Gamification-Ziele zu erreichen.
  • Schulung und Entwicklung:
    • Positiv: Gamification in der Schulung kann die Lernmotivation steigern und die Effektivität von Schulungsprogrammen erhöhen.
    • Negativ: Wenn Gamification zu komplex oder überwältigend ist, kann es die Lernenden abschrecken und den Lernprozess beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall wird das Lernen als lästig und nicht als nützlich empfunden.
  • Kundenservice:
    • Positiv: Gamification kann Mitarbeitende im Kundenservice dazu motivieren, sich stärker für die Kundenbedürfnisse einzusetzen und die Kundenzufriedenheit zu steigern.
    • Negativ: Wenn Belohnungen in Kundenservice-Abteilungen nicht fair verteilt werden, kann dies zu Spannungen und Unzufriedenheit führen und am Ende Kunden unzufrieden stimmen.
  • Innovation und Ideenfindung:
    • Positiv: Gamification kann die Kreativität und den Ideenaustausch fördern, indem sie Anreize für innovative Vorschläge bietet.
    • Negativ: Eine zu starke Fokussierung auf Belohnungen kann dazu führen, dass Mitarbeitende nur auf kurzfristige Anreize achten und langfristige Innovationsziele vernachlässigen.
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(Letzter Stand 16. Oktober 2023, Autor: Emmanuel Beule)