Führung 4.0: Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht. 

Glaubte man Managermagazinen und Inhalten aus so manchen Social-Media-Filterblasen, so werden deutsche Unternehmen – gefühlt – nur noch von unfähigen Führungskräften gelenkt. New Work, Work-Life-Balance, Fachkräfteengpass, Peter-Prinzip, Great Resignation und ein dominierender Arbeitnehmermarkt weisen scheinbar Führungskräften in ihre Schranken. Zeit, sich die Lage genauer anzusehen und über Führung zu sprechen – oder zu schreiben.
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Wozu den Artikel lesen?

Trigger-Warnung: Dieser Fachbeitrag ist lang, sehr lang. Denn sicher ist, dass mittlerweile unterschiedliche Konzeptionen der Führung wissenschaftlich sehr gut und breit untersucht sind. Und, das ist Teil des Problems, kein Ende in Sicht ist.
Wenn Sie also eine Führungskraft sind oder ein Unternehmen in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verantwortung leiten, dann bietet dieser Fachbeitrag möglicherweise neue oder zumindest auffrischende Impulse für die Führung im Zeitalter der digitalen Transformation an.
Doch auch Mitarbeitenden – oder sagen wir „Geführten“ – soll dieser Artikel Einblicke ermöglichen, Führung zu verstehen und nachzuvollziehen, was Führungskräfte können, leisten und aushalten müssen.
Ein großes und komplexes Thema, aber der Reihe nach.

Warum Führung 4.0?

4.0 steht seit 2011 für die vierte Evolutionsstufe der Industrialisierung und ist ein in die Zukunft gerichtetes Modell. In Anlehnung an die immer noch junge 4.0-Epoche bietet sich für die Einordung von Spannungsverhältnissen in der Arbeitswelt Jutta Rumps Ambidextrie-4.0-Modell an (Vertiefungen zum Ambidextrie-4.0-Modell am Ende des Artikels).
Rump unterteilt die Spannungsverhältnisse in vier sich gegenüberstehende Segmente auf:
  • Führung
  • Organisation
  • Beschäftigteninteressen
  • Geschäftsmodelle
Alle 4 Segmente befinden sich durch einen rasanten technologischen Fortschritt nicht mehr in symbiotischen oder komplementären Beziehungen, sondern zunehmend in auseinanderdriftenden Spannungsverhältnissen (siehe Abbildung). Der psychologische Druck auf unterschiedliche Interessensgruppen (Stakeholder) bis auf die einzelnen Personen nimmt immer mehr zu.
Die Darstellung beinhaltet eine Übersicht der inhaltlichen Punkte, die die Digitalisierungsberatung der IHK Südlicher Oberrhein für Ihre Mitgliedsunternehmen berücksichtigt. Fühlen Sie sich frei, Ihre eigene Matrix aufzustellen. Gerne schicken wir Ihnen ein Muster als offene PowerPoint-Datei zu. 

Was bedeutet Führung?

Vorweg stellt sich die Frage, ob es nicht anmaßend ist, über Menschen zu schreiben und zu urteilen, die sich einen großen Teil ihres Lebens der Verpflichtung und Verantwortung verschreiben, indem sie ein Unternehmen gründen, die Sorgen und Erfolge als Gesellschafter-Geschäftsführung alttäglich leben.
Es ist nicht anmaßend, es ist sogar erforderlich.
Egal ob als Startup oder in ein Familienunternehmen hineingeboren, sicher ist, als Unternehmensinhaberinnen und -inhaber sind Führungskräfte in der Gesellschaft in der Minderheit. Sie haben gewiss hier und da finanzielle Privilegien, (nicht immer) aber auch Druck von allen Seiten.
Das selbstständige Unternehmertum bedeutet, sich selbst und ständig mit Problemen zu beschäftigen, um das Geschäftsmodell und die Produkte bzw. Dienstleistungen marktfähig zu halten. Neben den finanziellen Herausforderungen müssen je nach Unternehmensgröße Prozesse und Strukturen genauer gestaltet und die betroffenen Menschen samt unterschiedlicher Kulturstrategien geführt werden. Es gibt interkulturelle Herausforderungen, sofern an internationalen Märkten agiert wird, aber bis auf die kleinsten Organisationseinheiten gibt es unternehmenskulturelle Herausforderungen, die es täglich zu dirigieren gilt.
Bereits hier wird deutlich, wie umfassend Führung ist.
Und dann sind da noch die eingesetzten Führungskräfte, die die Interessen des Unternehmens bzw. der Unternehmerinnen und Unternehmer vertreten und am Geschehen des Unternehmens mitwirken. Natürlich spielt das Menschsein mit all seinen Charakterfacetten eine wesentliche Rolle, denn wir sind nicht nur alle ziemlich unterschiedlich. Nein, wir haben durch unsere individuelle Kultivierung sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie sich das eigene Leben und die Arbeit in Einklang bringen lassen.
Salopp formuliert: Willkommen im Dilemma der Menschlichkeit.

Wesentliche Merkmale und erforderliche Fähigkeiten von Führungskräften

Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle in Organisationen und Unternehmen. Die nachstehende Aufzählung kann als Checkliste genutzt werden. Im Selbsttest oder durch Feedbacks vertrauter Personen im Umfeld lassen sich Stärken und Schwächen herausfinden. Denn wenn klar wird, wo es möglicherweise für den Unternehmenserfolgt hakt, lassen sich Fortbildungen oder Mentorenprogramme nutzen.
Die wesentlichen Merkmale und erforderlichen Fähigkeiten von Führungskräften umfassen:
  • Vision und strategisches Denken
    • Führungskräfte müssen eine klare Vision für die Zukunft haben und in der Lage sein, diese Vision mit ihrem Team zu teilen. Sie sollten in der Lage sein, langfristige Ziele zu setzen und Strategien zu entwickeln, um diese Ziele zu erreichen.
  • Kommunikationsfähigkeit
    • Eine effektive Kommunikation ist entscheidend für Führungskräfte. Sie müssen ihre Ideen und Erwartungen klar und prägnant ausdrücken und gut zuhören können.
  • Empathie und emotionale Intelligenz
    • Führungskräfte sollten die Emotionen und Bedürfnisse ihrer Teammitglieder erkennen und verstehen. Sie sollten auch ihre eigenen Emotionen und Reaktionen im Griff haben und ein hohes Maß an Selbstbewusstsein aufweisen.
  • Entscheidungsfähigkeit
    • Führungskräfte müssen schwierige Entscheidungen treffen, auch wenn sie unpopulär oder mit Risiken verbunden sind. Sie müssen die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen übernehmen.
  • Motivation und Inspiration
    • Führungskräfte motivieren ihr Team dazu, Höchstleistungen zu erbringen. Sie sollten in der Lage sein, den Teamgeist aufrechtzuerhalten und die Leidenschaft für die gemeinsamen Ziele zu fördern.
  • Delegation und Empowerment
    • Effektive Führungskräfte wissen, wie man Aufgaben und Verantwortlichkeiten effizient delegiert und Teammitgliedern die Möglichkeit gibt, sich zu entwickeln und zu wachsen.
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
    • Führungskräfte können sich an Veränderungen und Unsicherheiten anpassen und führen ihr Team auch durch schwierige Zeiten.
  • Problemlösung und Konfliktmanagement
    • Führungskräfte sollten Probleme erkennen und effektive Lösungen finden. Sie lösen Konflikte innerhalb des Teams.
  • Integrität und ethisches Verhalten
    • Führungskräfte müssen hohen ethischen Standards gerecht werden und ehrlich, vertrauenswürdig und transparent sein.
  • Selbstmanagement und Organisation
    • Führungskräfte managen ihre Zeit und ihre Ressourcen effizient. Sie setzen ihre Prioritäten so, dass sie ihre gesteckten Ziele erreichen.
Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig. Sie gibt aber einen Großteil an Impulsen wieder, welche Fähigkeiten von der Belegschaft an Führungskräften gestellt werden.
Da Studien belegen, dass Mitarbeitende Unternehmen verlassen – wegen den oben aufgeführten Spannungsverhältnissen –, ist eine kontinuierliche Qualifikation auch in Führung unausweichlich.

Gute Führungskräfte im Arbeitsmarkt finden, aber wie?

Gute Führungskräfte sind entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Um sie auf dem Arbeitsmarkt zu finden, können Unternehmen folgende Schritte unternehmen:
  • Klare Anforderungen definieren
    • Definieren Sie klar, welche Fähigkeiten, Erfahrungen und Qualitäten Sie bei einem Führungskandidaten suchen. Erstellen Sie eine detaillierte Stellenbeschreibung, die die Erwartungen und Verantwortlichkeiten der Position klar darstellt.
  • Internes Talent nutzen
    • Bevor Sie extern nach Führungskräften suchen, sollten Sie Ihre bestehenden Mitarbeiter evaluieren. Oft gibt es interne Kandidaten, die über die erforderlichen Fähigkeiten und das Potenzial verfügen, um in Führungsrollen aufzusteigen.
  • Netzwerke nutzen
    • Nutzen Sie Ihre persönlichen und beruflichen Netzwerke, um mögliche Kandidaten zu identifizieren. Empfehlungen von vertrauenswürdigen Quellen sind oft ein guter Weg, um hochqualifizierte Führungskräfte zu finden.
  • Professionelle Personalvermittlung
    • Engagieren Sie sich mit Personalvermittlungsagenturen oder Executive Search-Unternehmen, die auf die Suche nach Führungskräften spezialisiert sind. Diese Unternehmen verfügen über umfangreiche Datenbanken und Netzwerke, um geeignete Kandidaten zu identifizieren.
  • Online-Präsenz maximieren
    • Stellen Sie sicher, dass Ihre Stellenanzeigen auf relevanten Online-Jobbörsen, sozialen Medien und branchenspezifischen Websites veröffentlicht werden. Dies erhöht die Sichtbarkeit Ihrer offenen Positionen und zieht potenzielle Kandidaten an.
  • Arbeitgebermarke stärken
    • Eine starke Arbeitgebermarke zieht talentierte Führungskräfte an. Präsentieren Sie Ihre Unternehmenskultur, Werte und Vorteile, um Top-Talente anzulocken.
  • Auswahlverfahren optimieren
    • Entwickeln Sie einen umfassenden Auswahlprozess, der Interviews, Tests und Referenzüberprüfungen beinhaltet. Dies hilft Ihnen, die besten Kandidat:innen für Ihre Führungspositionen zu identifizieren.
  • Kandidat:innen-Pipeline aufbauen
    • Pflegen Sie Beziehungen zu potenziellen Führungskräften, auch wenn Sie derzeit keine offenen Positionen haben. Dies erleichtert die Suche nach geeigneten Kandidat:innen, wenn eine Führungsposition frei wird.
  • Fortbildung und Entwicklung
    • Investieren Sie in die Fortbildung und Entwicklung Ihrer Mitarbeiter:innen, um sie auf zukünftige Führungspositionen vorzubereiten. Dies schafft einen Pool von internen Kandidat:innen, die bereit sind, in Führungsrollen aufzusteigen.
  • Flexibilität bei der Einstellung
    • Seien Sie offen für Kandidat:innen aus verschiedenen Branchen oder mit unterschiedlichen Hintergründen. Diese Kandidat:innen bringen häufig frische Perspektiven und innovative Ideen in Ihr Unternehmen ein.
Durch diese Kombination von Strategien erhöhen Unternehmen ihre Chancen, gute Führungskräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden und letztendlich den Erfolg ihrer Organisation sichern.
Grundsätzlich sollten ähnliche Vorgehensweisen für die gesamte Rekrutierung von der Belegschaft gelten. Dazu mehr in einem eigenen Artikel zum Thema Belegschaft 4.0 (Veröffentlichung Ende 2023).

Welchen Spannungsverhältnissen sind Führungskräfte ausgesetzt?

Führungskräfte sind verschiedenen Spannungsverhältnissen ausgesetzt, da sie eine Vielzahl von Aufgaben und Verantwortlichkeiten managen und verschiedenen Stakeholdern gerecht werden müssen. Einige der häufigsten Spannungsverhältnisse sind:
  • Langfristige vs. kurzfristige Ziele
    • Führungskräfte müssen oft das Gleichgewicht zwischen der Verfolgung langfristiger strategischer Ziele und der Bewältigung kurzfristiger operativer Anforderungen finden. Dies kann bedeuten, Entscheidungen zu treffen, die möglicherweise kurzfristige Opfer erfordern, um langfristigen Erfolg sicherzustellen.
  • Teambedürfnisse vs. individuelle Bedürfnisse:
    • Führungskräfte müssen ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen des gesamten Teams und den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Teammitglieder finden. Sie müssen den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit fördern und gleichzeitig individuelle Stärken und Schwächen berücksichtigen.
  • Delegation vs. Kontrolle
    • Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu delegieren, um ihre Teammitglieder zu fördern und zu entwickeln, während sie gleichzeitig die Kontrolle über die Ergebnisse behalten und die Qualität sicherstellen.
  • Innovation vs. Stabilität
    • Führungskräfte müssen das Gleichgewicht zwischen der Förderung von Innovation und Veränderung und der Aufrechterhaltung von Stabilität und Sicherheit innerhalb des Unternehmens finden. Zu viel Veränderung kann zu Unsicherheit führen, während zu viel Stabilität die Anpassungsfähigkeit und das Wachstum einschränken kann.
  • Stakeholder-Interessen
    • Führungskräfte müssen oft die unterschiedlichen Erwartungen und Interessen verschiedener Stakeholder, wie Mitarbeiter:innen, Kund:innen, Investoren und Aufsichtsbehörden, ausbalancieren. Sie müssen Entscheidungen treffen, die allen gerecht werden, auch wenn dies bedeutet, Kompromisse einzugehen.
  • Ethik vs. Profit
    • Führungskräfte können mit Situationen konfrontiert werden, in denen ethische und finanzielle Erwägungen in Konflikt geraten. In solchen Fällen müssen sie den richtigen Weg finden, um sowohl die ethische Integrität als auch die finanzielle Leistung des Unternehmens sicherzustellen.
  • Arbeit vs. Privatleben
    • Führungskräfte müssen oft ein Gleichgewicht zwischen ihren beruflichen Verpflichtungen und ihrem Privatleben finden. Dies kann bedeuten, Prioritäten zu setzen und sicherzustellen, dass sie zusätzlich zur Arbeit noch genügend Zeit für Familie, Freunde und persönliche Interessen aufwenden.
  • Autorität vs. Empathie
    • Führungskräfte müssen in der Lage sein, Autorität auszuüben und Entscheidungen durchzusetzen, während sie gleichzeitig Empathie für die Bedürfnisse und Emotionen ihrer Teammitglieder zeigen. Sie müssen ihren Führungsstil anpassen, um sowohl respektiert als auch geschätzt zu werden.
Erfolgreiche Führungskräfte sind in der Lage, den Großteil dieser Spannungsverhältnisse effektiv zu managen.
Das Wichtigste aber ist, dass Führungskräften bewusst sein muss, dass die eigene Wirkung auf das Umfeld von größter Relevanz ist. Das gesprochene Wort, Verbindlichkeiten, Handlungen und, und, und sind die Grundlage dafür, dass Führungskräften gefolgt wird. Denn ohne Gefolgschaft keine Führung. Führung muss daher gekonnt werden und ist lange schon nicht mehr ein intuitives Verhalten.

Führungsstile, deren Bedeutung und Wirkung

Es gibt verschiedene Führungsstile, die je nach Situation, Teamdynamik und individuellen Stärken und Schwächen unterschiedlich eingesetzt werden können. Nachstehend werden für eine Selbsteinschätzung gängige Führungsstile und ihre Bedeutung vorgestellt.  
  • Autokratischer Führungsstil
    • Der autokratische Führungsstil zeichnet sich durch zentralisierte Entscheidungsfindung und Kontrolle aus. Führungskräfte treffen Entscheidungen ohne viel Input von ihren Teammitgliedern. Dieser Stil kann effektiv sein, wenn schnelle Entscheidungen erforderlich sind oder in Situationen, in denen der Führungskraft ein hohes Maß an Fachwissen zur Verfügung steht. Allerdings kann dieser Stil auch zu mangelnder Motivation und Unzufriedenheit bei den Mitarbeiter:innen führen.
  • Demokratischer Führungsstil
    • Der demokratische Führungsstil fördert die Beteiligung der Teammitglieder an der Entscheidungsfindung. Führungskräfte suchen nach dem Input und den Meinungen ihrer Mitarbeiter:innen und berücksichtigen diese bei der Entscheidungsfindung. Dieser Stil kann zu höherer Mitarbeiter:innenzufriedenheit und Motivation führen, kann aber auch zu langsameren Entscheidungsprozessen führen.
  • Laissez-faire-Führungsstil
    • Beim Laissez-faire-Führungsstil überlassen Führungskräfte den Mitarbeiter:innen die Entscheidungsfindung und Kontrolle. Sie bieten wenig bis keine Anleitung und vertrauen darauf, dass ihre Mitarbeiter:innen selbstständig arbeiten und Probleme lösen. Dieser Stil kann in Teams mit erfahrenen und selbstmotivierten Mitarbeiter:innen effektiv sein, kann aber auch zu fehlender Struktur und unklaren Erwartungen führen.
  • Transformationaler Führungsstil
    • Transformationale Führungskräfte inspirieren und motivieren ihre Mitarbeiter:innen, über ihre individuellen Bedürfnisse hinauszudenken und gemeinsame Ziele zu verfolgen. Sie setzen hohe Erwartungen und fördern die persönliche und berufliche Entwicklung ihrer Teammitglieder. Dieser Stil kann zu hoher Mitarbeiter:innenmotivation und Leistung führen, erfordert jedoch auch eine starke Vision und Charisma seitens der Führungskraft.
  • Transaktionaler Führungsstil
    • Beim transaktionalen Führungsstil konzentrieren sich Führungskräfte auf klar definierte Ziele, Rollen und Verantwortlichkeiten. Sie setzen Belohnungen und Strafen ein, um die Leistung zu steuern und die Erwartungen zu erfüllen. Dieser Stil kann in bestimmten Situationen effektiv sein, kann aber auch zu einer starken Abhängigkeit von der Führungskraft führen und die Kreativität und Innovation einschränken.
  • Servant Leadership
    • Servant Leadership konzentriert sich darauf, die Bedürfnisse der Teammitglieder in den Vordergrund zu stellen. Führungskräfte unterstützen und fördern die berufliche und persönliche Entwicklung ihrer Mitarbeiter:innen und stellen deren Wohlergehen über die eigenen Interessen. Dieser Stil kann zu einer hohen Mitarbeiter:innenzufriedenheit und einer starken Teamkultur führen.
  • Situative Führung
    • Die situative Führung berücksichtigt die Tatsache, dass verschiedene Situationen unterschiedliche Führungsstile erfordern. Situative Führungskräfte passen ihren Stil an die individuellen Bedürfnisse ihrer Teammitglieder und die jeweilige Situation an. Dies kann bedeuten, weniger erfahrenen Mitarbeitern mehr Anleitung und Unterstützung zu bieten oder erfahrenen und selbstständigen Mitarbeitern mehr Freiheit zu gewähren. Situative Führung erfordert Flexibilität und ein hohes Maß an emotionalem Intellekt, um effektiv zu sein.
Die Bedeutung der verschiedenen Führungsstile hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Organisationskultur, der Branche, der Teamzusammensetzung und den spezifischen Herausforderungen, denen sich das Team gegenübersieht. Erfolgreiche Führungskräfte sind in der Lage, verschiedene Führungsstile je nach Situation und den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter effektiv einzusetzen.

Letztendlich kann kein einzelner Führungsstil als der beste oder effektivste betrachtet werden. Die Fähigkeit, verschiedene Stile zu erkennen und je nach Kontext und Umständen flexibel einzusetzen, ist ein wichtiger Bestandteil erfolgreicher Führung.
Mit anderen Worten: Je nach den Interessen der Belegschaft können unterschiedliche Führungsstile erforderlich sein. Letztlich ist es eine Frage der Haltung und der eingesetzten Methoden, wie Unternehmen gestaltet und Menschen geführt werden. Denn eine stimmige Haltung in Verbindung mit Methoden bestimmt nicht nur im digitalen Wandel die Ergebnisse. 

Hintergründe

Im industriellen Umfeld lautet die aktuelle Evolutionsstufe Industrie 4.0. Diese in die Zukunft gerichtete Bezeichnung, erstmals im Jahr 2011 von der Promotorengruppe Kommunikation in einer Forschungsarbeit eingeführt, drückt aus, wie stark sich digitale Innovationen und digitaler Fortschritt auf einen radikalen und enorm beschleunigten Wandel der Arbeitswelt und all den damit verbundenen Stakeholdern auswirken.
Die Hannover Messe nutzte 2011 den Titel Industrie 4.0 als Leitbild für das neue, digitale Zeitalter. Medial und populärwissenschaftlich wird seitdem der Vereinfachung halber der unspezifische Begriff Digitalisierung für die neue ausgelobte Epoche ubiquitär verwendet und findet in sämtlichen Wissenschaften immer mehr Forschungsinteresse.
Mehr: Fachbegriffe werden symbolisch um das 4.0-Sufix ergänzt, um den Einfluss des digitalen Wandels zu verdeutlichen. Die Bezeichnung 4.0 ist omnipräsent und mal ein berechtigter und mal ein irrführender Trendhinweis.

Warum sollten (angehende) Führungskräfte sich mit diesem komplexen Thema beschäftigen?

Es zeigt sich, dass die Gestaltung und Entscheidung von Digitalisierungsvorhaben bzw. digitaler Transformation, nebst des technologischen Fortschritts, in aller Konsequenz die Angelegenheiten der Führungskompetenzen und -kräfte eines Unternehmens sind, aber noch deutlicher deren methodischen Führungsfähigkeiten.
Die Komplexität der Führung hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Rump und Eilers (2020) fassen die Herausforderungen einer sich drastisch verändernden Arbeitswelt mit der Überschrift Ambidextrie 4.0 zusammen, als den Megatrend für die Beherrschung der vier Spannungsfelder der digitalen Transformation: Belegschaft 4.0, Organisation 4.0, Business 4.0 und Führung 4.0.
Der sich zuspitzende Fachkräftemangel und damit einhergehende Auswirkungen auf das Personalmanagement, einschließlich der Führungskompetenzen, ist ein dringlich zu beachtender Megatrend in der Wirtschaftswelt. Hier herrscht das Problem vor, dass Mittelwerte nicht für einzelne Branchen sprechen und die Nöte unterschiedlich akut sind bzw. werden.
Das Institut der deutschen Wirtschaft grenzt die Fachkräftelücke in einer aktuellen Studie mit optimistischen Werten bei hoher Zuwanderung und einer pessimistischen Prognose bei niedriger Zuwanderung zwischen 3,1 bis 5,5 Millionen fehlenden Fachkräften im Jahr 2040 ein.
Burstedde, Risius und Werner (2021) stellen das Fachkräftemangelniveau nach Anforderungsniveau der Wirtschaft während der Coronakrise bis heute vor und heben hervor, dass der Ausbildungsmarkt am stärksten eingebrochen ist und sich gegenüber akademischen Fachkräften nur zu 67,4% erholt hat und somit Unternehmen akut wichtige Arbeitskräfte fehlen, siehe Abbildung.

Kompass Megatrends

Digitale Transformation beeinflusst nicht nur das Arbeitsleben, sondern wechselseitig den Wandel von ganzen gesellschaftlichen Kulturformen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, welcher in Zeiten der Coronakrise zwar für eine vermeintliche Pause gesorgt hat, aber deutliche Veränderungen im Berufsmarkt, speziell der Fachkräfte mit dualen Ausbildungen verzeichnet. Seit dem 24. Februar 2022 sorgt russische Präsident Wladimir Putin zudem für eine neue Weltordnung, der wir uns als Gesellschaft mit allen Stakeholdern stellen müssen.
Megatrends sind daher nützliche Hinweise eigene Handlungsfelder auf eine Zukunftsfähigkeit zu kategorisieren und anschließend inhaltlich tiefergehend zu überprüfen.
Die Megatrendlandkarte des Zukunftsinstituts (2021) bietet sich als eine geeignete Orientierungs- und Standpunkthilfe für strategische Unternehmenslenker an, visualisiert im Design einer Verbindungskarte von öffentlichen Verkehrsmitteln, wie sie weltweit in Metropolen angeboten werden.
Die Megatrendlinie New Work schneidet sich mit der Linie von Konnektivität bspw. in dem Trend Plattformökonomie, welche die Zusammenhänge des aufgeführten Beispiels in der obigen bestätigen. Der Nutzen durch Vernetzung muss mit den Fähigkeiten und Modellen der neuen Arbeitswelt für eine erfolgreiche Umsetzung kombiniert werden.
Einen Anspruch auf Vollständigkeit aller Megatrends und allgemeinen Trends digitaler Transformation kann nicht gegeben werden, da sich je nach Branchen, kultureller Gegebenheiten und individueller Voraussetzungen der Unternehmen unterschiedliche relevante Trends ergeben. Die Darstellung symbolisiert, dass Trends miteinander verbunden sind, auch wenn die Megatrendlinien sich nicht schneiden. In der Megatrend-Map finden sich ebenso die technologischen Trends wieder.

Quellen

Beule, E. (2021). Einfluss und Auswirkungen kollektiver Gedächtnisse auf die Veränderungsfähigkeiten deutscher Unternehmen im Zeitalter digitaler Transformation und der Corona-Pandemie , Hamburg; Europäische Fernhochschule Hamburg
Burstedde, A., Risius, P., & Werner, D. (2021). IW-Kurzbericht 39/2021. Fachkräftemangel bei Hochqualifizierten wieder über Vor-Corona-Niveau. Köln: Institut der deutschen Wirtschaft.
Geis-Thöne, W. (2021). IW-Report 11/2021. Mögliche Entwicklungen des Fachkräfteangebots bis zum Jahr 2040. Köln: Insititut der deutschen Wirtschaft.
Kagermann, H., & Lukas, W.-D. (2011). Industrie 4.0: Mit dem Internet der Dinge auf dem Weg zur 4. industriellen Revolution. Verfügbar am 17.4.2021 unter https://www.vdi-nachrichten.com/Technik-Gesellschaft/Industrie-40-Mit-Internet-Dinge-Weg-4-industriellen-Revolution abgerufen
Rump, J., & Eilers, S. (2020). Die vierte Dimension der Digitalisierung - Spannungsfelder in der Arbeitswelt von morgen (1. Ausg.). Berlin: Springer Gabler. doi:10.1007/978-3-662-59418-6
Zukunftsinstitut. (2023). Die Megatrend-Map. Von Verfügbar am 18.8.2023 unter https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/die-megatrend-map/ abgerufen
(Letzter Stand 16. Oktober 2023, Autor: Emmanuel Beule)