Die Mär künstlicher Intelligenz

Warum können sich Computer nicht ineinander verlieben? Oder gar in einen Menschen? Und wie kam es eigentlich zu der Begrifflichkeit Künstliche Intelligenz (KI)? Dies ist ein Auftaktartikel zum großen Spektrum der KI. Weitere Beiträge finden sich im Fließtext, wie über ChatGPT und auch die Möglichkeit, Workshops im eigenen Unternehmen zu buchen.
Zukunftsträchtig und ein Muss für sich entwickelnde Unternehmen ist KI allemal. Doch ohne kritische Auseinandersetzung und Differenzierung der Möglichkeiten geht es nicht. Die ersten Fragen jedoch sollten lauten: Was genau ist KI und in welchen Bereichen lässt sich mit KI arbeiten?
Eine kurze Antwort vorweg: Derzeit spricht man in der Wissenschaft von schwacher künstlicher Intelligenz. Die Kernbereiche sind Mustererkennung, maschinelles Lernen und Deep Learning sowie neuronale Netze, auf die in diesem Artikel eingegangen wird. Die Anwendungsgebiete sind theoretisch unbegrenzt. Auch wenn GPT-basierte KI derzeit die digitale Welt auf den Kopf stellt, handelt es sich immer noch um schwache KI. Das Potenzial und die Grundlagen für eine starke KI sind mit GPT gegeben, aber der Reihe nach.

Die Mär künstlicher Intelligenz

Der Fachbegriff bzw. die Forschungsdisziplin Künstliche Intelligenz ist für die Außenwelt der Informationstechnologien irreführend.
Nicht-Kenner assoziieren KI rasch mit biologischer, menschlicher Intelligenz. Die menschliche Fähigkeit, aus unbekannten Zusammenhängen Schlüsse zu ziehen, verleitet dazu, KI sowohl als eine Gefahr für Menschen zu viel Bedeutung zuzuweisen, als auch für die Chance zu halten, den Planeten Erde zu retten und Menschheit und Unternehmen ein Schlaraffenland zu versprechen.
So sehr beide Extreme verlocken, sei vorausgesagt: Weder die dystopischen noch utopischen KI-Visionen werden zeitnah eintreffen.
Die Softwarebranche, Forscher und Maschinenbauer nutzen den Begriff KI, um genialen und komplex programmierten Algorithmen ein Prädikat zu verleihen. Ein Prädikat, das im Marketing und Vertrieb gerne eine vermenschlichte Begabung suggeriert. Und so Unrecht haben sie dabei nicht, wenn das Verständnis von unterschiedlichen KI-Ausprägungen durchgängig und der historische Hintergrund für die KI-Bezeichnung bekannt(er) wären. Vielleicht können Sie am Ende dieses Artikels sogar ein wenig über die Begrifflichkeit und den Hype der KI schmunzeln.
Einigen wir uns zu Beginn auf diese Hypothese: KI klingt faszinierend, reizt, polarisiert und ist marketingtechnisch auch irgendwie sexy, gibt etwas her.
Doch wie entstand der Begriff KI eigentlich?  Ein Wissenschaftler entwarf passend zu einer Idee einen Namen, nicht mehr und nicht weniger. Dazu an anderer Stelle mehr.  
Zunächst einmal zwei Fragen:
  • Werden zwei unterschiedliche Computersysteme sich jemals ineinander verlieben, Freundschaften eingehen und wieder beenden?
  • Wird es möglich sein, dass Roboter oder Sensoren, gar der gleichen Baureihe, unterschiedliche Charaktere aufweisen und emotionale Reaktionen entwickeln?
Die Antwort wird manch selbsternanntem KI-Philosophen vielleicht nicht gefallen, Experten werden sie unterschreiben, und den thematischen Neulingen sei gesagt:
  • Nein, das wird nicht passieren. Zumindest nicht unter den Aspekten biologischer und menschlicher Intelligenz.

„Und falls, vielleicht, ja doch…?“

Science-fiktionale Möglichkeiten der KI sollten nicht gänzlich ausgeschlossen werden, auch wenn diese theoretisch, Stand heute, unrealistisch sind.
Wenn echte, starke und humanoide KI jemals möglich werden sollte, dann erst in einer sehr, sehr weit entfernten Zukunft. (Science-Fiction-Humor am Rande: Vielleicht treffen wir uns dann dort wieder, um festzustellen, dass wir denselben IHK-Artikel gelesen haben.)
Einigkeit besteht darüber: Autonome künstliche Intelligenz, vergleichbar mit allen physischen und psychischen menschlichen Fähigkeiten, wird es in diesem Jahrhundert nicht geben. Was es bereits gibt, sind Algorithmen, die selbstlernend Lösungen in einem vorgegebenen Umfeld erarbeiten. Mustererkennungen, Einflüsse neuronaler Netzwerke und eine sich alle zwei Jahre verdoppelnde Rechnerleistung beschleunigen leistungsfähige, digitalisierte und programmierte und sich selbst optimierende Logiken.

Künstliche Fähigkeiten

Ultrarechner, schlanke und komplexe Algorithmen, große Mengen an Daten, das Vernetzen und Auswerten von Datenbeständen und Wissen, gepaart mit maschinellem Lernen in neuronalen Deep-Learning-Netzwerken und Systematiken der Mustererkennung beeinflussen unsere Welt bereits jetzt schon.
Hiermit sind die wichtigsten Ausprägungen von KI erwähnt. Von Intelligenz mit menschlichen, vielseitigen, kognitiven Fähigkeiten fehlt jede Spur.

Pessimistische Betrachtung und die Haftungsfrage

Wenn es nicht gut läuft, verursachen schlecht programmierte und selbstlernende Systeme Katastrophen. Die Vorgaben, Kontrolle und Rahmenbedingungen dieser Systeme schaffen immerhin noch Menschen – auch in selbstlernenden Systemen. Dies schließt keine zerstörerischen Akte oder schadhaften Fehler computerisierter Prozesse für die Umwelt aus.
Börsencrashs, verursacht durch fehlgeleitete Computerprogramme, oder Flugzeugabstürze durch fehlerhafte Software lassen sich medienwirksam gut verkaufen, und ja, diese Probleme müssen auf jeden Fall verbessert werden.
Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass diese Ereignisse von Menschen durch eine Programmierung verursacht wurden und zu verantworten sind. In punkto Verantwortung spielen u.a. ethische, soziale und lebensbejahende Haltungen unserer zivilen Gesellschaft eine wesentliche Rolle.
Deutlicher wird dies bei der Beantwortung der Frage von Haftungen bzw. Begleichung von Schadensersatzansprüchen, gerade im Falle der zuvor aufgeführten Beispiele. In unserer Wertevorstellung und unseren kaufmännischen Prinzipien spielen Gesetze und Klärung von vertraglichen Störungen und Haftungen eine immense Bedeutung.
Solange eine KI nicht durch eigene Leistungen verkaufbare Produkte oder Dienstleistungen hervorbringt, die es ihr erlauben, selbstständig für den eigenen Unterhalt zu sorgen, ja vielleicht ein Unternehmen mit Eigenkapital zu gründen und zu führen, sich am finanzwirtschaftlichen und sozialen Leben zu beteiligen, fällt es schwer, sich eine juristische Auseinandersetzung mit einer KI vorzustellen. Auch diese Konfrontation ist und bleibt immer noch menschengemacht.

Menschliche Intelligenz versus künstliche Intelligenz

Jede Katastrophe und jedes Unglück verursachen Menschenschicksale, die in materiellen Werten nicht zu bemessen sind. Gerade aktuell lässt sich gesellschaftlich erkennen, welche Auswirkungen eine Pandemie auf das Menschenleben und unsere Gesellschaftsform hat.
Gefühle wie Angst, Trauer, Verliebtsein oder Glück, aber auch kognitive Fähigkeiten, Probleme zu erkennen und zu lösen, sind hochkomplexe, biologische, menschliche Errungenschaften. Kurz: All die aufgeführten Merkmale und Fähigkeiten lassen sich dem Begriff Intelligenz zuordnen.
Für menschliche Intelligenz gibt es keine prägnante, wissenschaftlich fundierte Definition. Dafür ist Intelligenz einfach zu komplex.
Anders bei der KI: Das rapide Wachstum an auswertbaren Daten fördert die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, eine der tragenden Aufgabenbereiche in der Entwicklung der neuen Evolutionsstufe Industrie 4.0 bzw. der Digitalen Transformation.
Lämmle und Cleve (2004, S. 13) beschreiben Künstliche Intelligenz als ein „Teilgebiet der Informatik, welches versucht, menschliche Vorgehensweisen der Problemlösung auf Computern nachzubilden, um auf diesem Wege neue oder effizientere Aufgabenlösungen zu erreichen“.
Wie in folgernder Abbildung ersichtlich, sind dabei Soziologie, Neurowissenschaften, philosophische und psychologische Ansätze, Mathematik, Computerwissenschaften und biologische Verfahren wichtig.

Abbildung Forschungsdisziplinen Künstliche Intelligenz bei Siemens, (Quelle: Nikolaus, 2018, S. § 3, Abb. 2)
Entsprechend können z.B. in der Robotik aus heterogenen Datenquellen neue eigenständige und selbstlernende Problemlösungsalgorithmen hergestellt werden.
Halten Sie für einen Moment inne und beantworten Sie bitte für sich die Frage: Wie würden Sie Intelligenz im Zusammenhang mit der Pandemie beschreiben? Schreiben Sie sich doch mal ein paar Stichworte auf und stellen Sie sich vor, wie Sie Kolleginnen und Kollegen Intelligenz beschreiben würden.
Natürlich erhalten Sie in diesem Artikel keine ausreichenden Antworten auf die gerade gestellte Frage. So lautet meine Antwort, welche ich im Rahmen dieses Artikels ausführlich überlegt habe und letztendlich kein spontanes Ergebnis zustande kam:
„Ich verbinde intelligente Fähigkeiten damit, mit den weitreichenden Auswirkungen der Pandemie umgehen zu können. Menschliche Erfahrungsschätze, die Fähigkeiten komplexe Probleme auszuloten, Rahmenbedingungen zu analysieren, um neue zu schaffen, sich an neue Gegebenheiten anzupassen und alles dafür zu tun, dass es uns gelingt, aus dieser Krise herauszukommen, um unsere alte Normalität wiederzuerlangen.“
Mein erster Impuls zur Beantwortung der Frage fiel deutlich kürzer aus und ich halte ihn, als verdichtete Antwort, für die bessere: „Wir können DENKEN und dadurch komplexe Probleme lösen“.
Denken fußt auf dem, was Menschen (er)lernen. Unser Handeln, unsere täglichen Entscheidungen werden durch ein sich stets weiterentwickelndes persönliches und gesellschaftliches Bewusstsein, durch ein Kollektiv- und historisches Gedächtnis, durch sozio-politische Rahmenbedingungen und durch unsere geistigen Lernfähigkeiten mithilfe von Wissensverarbeitung und Reflektionsfähigkeiten ständig angepasst, idealerweise optimiert. Nicht zuletzt den letzten, sehr verschachtelten Satz verstehen zu können, ist eine Ausprägung der Intelligenz.  
Die Erkenntnis, dass das Begreifen sich ständig verändernder Rahmenbedingungen keineswegs einfach ist, reicht hoffentlich aus, um der Bedeutung Künstliche Intelligenz weniger dramatische Gewichtung zu bemessen. KI kann derzeit und in absehbarer Zukunft diese Eigenschaften nicht erfüllen.

Das aber kann KI

Wir sollten uns verdeutlichen, dass Super-Algorithmen und Hightech-Innovationen unser Leben verbessern und unmittelbare Gefahren immens reduzieren helfen. Softwareunterstützte und von ultraschnellen Halbleitern unterstützte komplexe Maschinen können Operationen an Menschen sicherer gestalten als die beste geschulte Hand eines Neurochirurgen. Drohnen fliegen ferngesteuert durch die Welt und auch autonom fahrende Autos beweisen eine geringere Unfallstatistik pro gefahrenen Kilometer als jene von Menschen gesteuerten.
Unter diesem Intelligenzaspekt macht es Sinn zu erkennen, technische Innovationen deutlich mehr durch die KI-Brille zu betrachten. Wir müssen nur lernen, mit den neuen Möglichkeiten umzugehen und diese ethisch vertretbar fortzuentwickeln.
Am Anfang sollte das Verstehen dieser vermenschlicht anmutenden, maschinellen Welt stehen.
Dicke (2006, S. 132-133) subsumiert den Erfolg bzw. das Funktionieren künstlicher Intelligenz in drei Säulen: den Daten aus einer Wissensbasis, einem Begründungsverwaltungssystem und Algorithmen für Problemlösungskomponenten. Salopp formuliert: Mehr ist das nicht.
Die Vision einer KI lautet starke KI, doch spricht die Forschung selbst von einer schwachen KI. Ausgerechnet renommierte Forscherinnen und Forscher bezweifeln, dass jemals eine starke KI erreicht wird.
Oder wie es bereits eingangs erklärt wurde: KI basiert auf den Forschungsgebieten der Mustererkennung, maschinell-selbstlernender Systeme, vertieftes Lernen und neuronalen Netzwerken.

KI - Irreführender Begriff

Der KI-Begriff wurde erstmalig 1955 vom IT-Pionier John McCarthy in einem Fördermittelantrag verwendet, um diesen nachvollziehbarer für die Fördermittelentscheider zu gestalten, siehe Bild. Er benötigte Gelder für eine Forschungskonferenz, auf der bedeutende Informatiker Computersysteme entwickeln wollten, die dem Ruf der Rechner – im wahrsten Sinne des Wortes berechnen – entgegnen wollten.
Ziel der geplanten Expertenkonferenz war es, Programme zu entwickeln, die Textinhalte analysieren oder „Spiele spielen“ erlernen sollten. Das Ganze dann noch selbstständig und selbstlernend, also unter vermenschlichter Betrachtung quasi „intelligent“. Durch den Fördermittelantrag und die Idee der Konferenz hat sich der Begriff Künstliche Intelligenz etabliert.
Tatsächlich gelang es Forschen in den 1960er Jahren, Computer-Brettspiele wie Schach und Dame autark spielen zu lassen, wenn auch mit nur strategisch schwachen Ergebnissen. Diese Form basiert auf dem Aspekt des maschinellen Lernens. Zwei Jahrzehnte später besiegte ein IBM-Supercomputer erstmals einen Schachweltmeister. Was damals ein Superereignis war, ist in der schnelllebigen Welt der Informatik schon lange Schnee von gestern.
In den 1970er Jahren war es bereits möglich, Infektionskrankheiten mittels Vergleichen von vorhandenen Mustern computerisiert zu bestimmen und es kam zum ersten KI-Hype. Damit ist das Kernstück der derzeitigen, wirklich gut funktionierenden KI benannt: Mustererkennung.  
Dieser Teil wird schwache KI genannt und fußt u.a. auf schnellen Rechenleistungen, einem Fundament an vielen Daten (Big Data 9 Vs lassen grüßen) und der Möglichkeit, Muster auf Basis von digitalisiertem Wissen zu erkennen. Digitalisiertes Wissen bedeutet, dass man Daten oder einem Muster in Daten Informationen zuweist, die mittels Algorithmen Rückschlüsse ermöglichen.
Diese Muster können unvorstellbare Mengen an Informationen bzw. Daten bedeuten, für deren Auswertung Menschen viel Zeit benötigen. Die Rechenleistung von Computern ist heutzutage so enorm, dass Ergebnisse von Mustervergleichen in Bruchteilen von Sekunden zur Verfügung stehen.
Und doch hat diese Mustererkennung ihre Grenzen, wenn Daten bspw. geringfügig manipuliert werden oder das zu suchende Muster außerhalb des vermuteten bzw. geplanten Bewertungsbereichs liegt.

Einstiegsbeispiel Mustererkennung

Vereinfacht formuliert, gilt es bei Mustererkennungen zu wissen, welche Objekte (Fachsprache Item) in welchem Kontext (Fachsprache Frame) gesucht und erkannt werden müssen.
Das folgende Beispiel ist massiv vereinfacht, hilft jedoch ganz leicht, die große und komplexe Welt der Mustererkennung nachvollziehen zu können.

Das gesuchte Muster ist eine weiße 2, das sogenannte Item. Im linken Bild ist der Suchradius im blauen, gerasterten Kasten vorgegeben. Die weiße 2 erscheint und das Muster wird zu 100% richtig im vorgegebenen Rahmen identifiziert.
Ändern sich allerdings die Bezugsgrößen und werden diese der Suchumgebung nicht angepasst, kommt es zu Fehlern. Auf dem rechten Bild erscheint ein stark vergrößertes Item in einem neuen Bezugssystem, das Suchraster ist zu klein. Die 2 wird nicht erkannt.
Das Beispiel verdeutlicht, dass die menschlich-biologische Intelligenz der künstlichen an dieser Stelle überlegen ist. Menschen erkennen sofort, dass es sich auch auf dem rechten Bild um eine weiße Zwei handelt. Doch noch ist sich zu früh gefreut.
Bleibt aber eine Mustererkennung in einem eindeutigen Umfeld, kann KI auch komplexe Daten zuverlässiger und schneller als ein Mensch auswerten. Je nach Anwendung können dann solche vermeintlichen KI-Lösungen ganze Berufsstände infrage stellen.

Ein extremes Beispiel

Radiologen gehören in Deutschland zu den einkommensstärksten Medizinern. Die Beschaffung von Magnetresonanztomographen oder Kernspintomographen, die Einrichtung einer strahlenabsorbierenden Umgebung, all das ist ein sehr aufwendiges und kostspieliges Unterfangen. Die Maschinen werden in der Regel refinanziert und Radiologen leben davon, dass der Patientendurchsatz stimmt. Die Bank schließt entsprechend mit dem Radiologen einen Kredit ab etc.
Jetzt kommt die KI-Disruption: in den USA ist eine Software zugelassen, die mittels Mustererkennung radiologische Aufnahmen zu 99% richtig diagnostiziert. Die Ergebnisse menschlicher Irrtümer sind höher, sodass Ärzte und Patienten den Ergebnissen eines Softwareprogramms mehr vertrauen als der Beurteilung eines radiologischen Experten.
Die Konsequenzen sind hart. Im Prinzip benötigt das Gesundheitssystem dann „nur“ noch Fachkräfte, die Patienten in die Röhren schieben, Klaustrophobikern gut zureden und dafür sorgen, dass die Geräte funktionieren. Den Radiologen benötigt man dann „nur noch“ für die Haftung oder Kontrolle schwererer Fälle. Es ist nicht einmal erforderlich, dass diese Person an Ort uns Stelle sitzt. 
Um es zu verdeutlichen: Egal, von welcher KI-Ausprägung gesprochen wird, obwohl sie immer noch schwach ist, ist das Potenzial, bessere Diagnosen, langatmige, repetitive Arbeiten zu automatisieren, enorm.

Was bedeutet das?

Die Kombination aus neuronalen Netzwerken und vertieftem Lernen (deep learning), ist aktuell der größte Meilenstein in der KI-Geschichte. Neuronale Netzwerke, deutlich vereinfacht erklärt, sind an das menschliche Gehirn adaptierte, ähnlich aufgebaute Systeme. Im menschlichen Gehirn sind mehr als 86 Milliarden Neuronen, also Nervenzellen, mit anderen Zellen vernetzt. Die Struktur neuronaler Verbindungen in menschlichen Gehirnen wird digital, bzw. auch in puncto Hardware, simuliert.
Daten bzw. Informationen befinden sich in unterschiedlichen Schichten und können je nach Bedarf aufgerufen und verwertet werden. Ist ein Subsystem bereits sehr erfolgreich in Mustererkennung, kann das neue, neurologische Netz die Information sofort verwerten. Bringt man alle KI-Elemente der neuronalen Vernetzung, des Maschinenlernens, der Mustererkennung zusammen, werden einem die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der KI bewusst.

Die Anwendungsfelder bzw. Einsatzmöglichkeiten der KI kennen kaum noch Grenzen.

Stichwörter lauten Biometrik, Spracherkennung, Text- und Inhaltserkennung (Natural Language Processing), textschreibende Systeme (Natural Language Generation), semantische Textinhaltserkennung (Sentiment Detection) und das große weite Feld der Robotik.
Die Robotik wird in den kommenden Wochen in einem eigenen Text bearbeitet, da das Feld so ausufernd ist.

Zum Schluss: Ethik, Philosophie und Humanismus

Wie zwischendurch schon angedeutet, ist der ethische und philosophische, oder sagen wir humanistische KI-Ansatz von großer Bedeutung. Wir Menschen müssen uns die Fragen stellen, wie - und wenn ja - mit welchem Auftrag KI helfen kann.
Auch wenn das Ende dieses Artikels nachdenklich stimmen wird, liegt der Hund genau dort begraben.
Der Mensch erteilt selbstlernenden Systemen Aufgaben, die das System anhand seiner verfügbaren Items und methodischen Verfahren selbstständig und ohne menschliches Zutun lösen soll.
Angenommen, man würde einer neuronal-vernetzten KI die Aufgabe erteilen, die Welt vor den Auswirkungen des Klimawandels – Mindestvoraussetzung ist natürlich, dass der Klimawandel als menschengemachtes Phänomen akzeptiert wird – zu retten: wen würde die KI als das Problem identifizieren?
Welchen Preis würde eine solch fiktive KI von heute in Kauf nehmen, um das vorgegebene Ziel zu erreichen?
Oder auf welche Weise würde eine KI Konsequenzen einleiten? 

Fazit

Weg von den gruseligen, dystopischen Fantasien hin zu der Frage, wie sich KI einsetzten lässt, um uns Menschen, Unternehmen und der Gesellschaft dienlich zur Seite zu stehen.
KI sollte als ein Assistenzsystem verstanden werden, welches hilft, Automatisierung zu fördern. Dabei ist es wichtig, ethische Haltungen zu klären und den Entscheidungsspielraum einer KI einzugrenzen.
KI kann helfen, Prozesse zu automatisieren, repetitive Arbeiten von Menschen zu verschlanken und sie sogar zu rationalisieren. Die nächste Stufe ist die Dematerialisierung, wie im Radiologenbeispiel. Berufsstände, Arbeiten und Werte können und werden sich durch KI verändern.
Es bleibt die Frage, wie tief wir Menschen die Beteiligung von KI zulassen und welche Kontrolle wir über Entscheidungsspielräume behalten wollen. Sicher ist, dass gewisse Entscheidungen an computerisierte Systeme abgegeben werden können bzw. bereits abgegeben werden. KI wird keine eigenen Lösungen generieren, sondern die beschriebenen Aufgaben auf die vorgegebenen Wege bewerkstelligen. Es sind wir Menschen, die den Einsatz, den Aufbau und die Verwendung von KI-Anwendungen bestimmen und entscheiden.
Mit anderen Worten: Es liegt an uns, wie wir die Entwicklung und Verwendung künstlicher Intelligenz gestalten. Es ist wichtig, den IST- und gewünschten Sollzustand genaustens zu definieren (und schriftlich festzuhalten). Die Gefahr verwendeter KI liegt u.a. darin, im Einsatz so schnell „zu arbeiten“, dass sie bei Fehlentscheidungen höhere Schäden verursacht.
Entsprechend sollte der verlockende Ansatz nach schneller Wertschöpfung durch intelligente Helferlein gut überlegt sein. Es gibt keine künstliche Superintelligenz und sowohl die Entwicklung als auch der Umgang mit einer schwachen KI liegt in Menschenhänden. Angst vor KI ist nicht nötig. Die Wertschöpfungen von eingesetzten KI-Lösungen können enorm sein, doch ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema unausweichlich. 

Tipps, Tricks und Workshops

Tipps und Tricks

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(Letzter Stand 16. Oktober 2023, Autor: Emmanuel Beule)