Leitfaden IHK Digital Transformation Map: Blue vs. Red Oceans

Mit der Methode Blue vs. Red Oceans lassen sich gesättigte und ungesättigte Märkte  identifiziert. Der Leitfaden bietet Erläuterungen zur Anwendung und eine Checkliste zur Einführung einer solchen Methode. Unternehmen, die Situationsanalysen und Marktanalysen zur Optimierung ihrer digitalen Geschäftsstrategie durchführen möchten, profitieren von diesen Verfahren.
Bannerbild Artikel Blue Red Ocean

Einleitung

Die Strategien der meisten Unternehmen sind auf Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet. Nur wenige versuchen proaktiv, mit innovativen Produkten einen neuen Markt zu schaffen, auf dem es (noch) keine Wettbewerber gibt. Diese Unterscheidung greift das Modell “Blue Ocean vs. Red Ocean” auf:
Der Begriff Blue-Ocean-Ansatz erklärt sich aus dem Bild eines neuen Marktes, der wie ein großer blauer Ozean unberührt und voller Fische vor einem liegt: ein offenes, unendliches Meer der Möglichkeiten. Das weite Meer, auf dem man ungestört bis zum Horizont blicken kann, auf dem man in Ruhe und Frieden aus dem Vollen schöpfen und sich seinen Anteil angeln kann.
Der rote Ozean steht für einen etablierten Markt als überfischtes Meer, in dem sich viele andere Marktteilnehmer und Konkurrenten (Boote) tummeln, die auch ihren Anteil haben wollen - aber es gibt nicht genug Meeresfrüchte, um alle zu versorgen. Hier schaut jeder frustriert auf den anderen und es herrscht Druck und Stress, sich richtig zu positionieren, um die letzten verbliebenen Fische ins Netz zu bekommen.
Die Ungewissheit, wie lange sich das Fischen in diesem bekannten Ozean noch lohnt, ist ständiger Begleiter und Ansporn, im Bild zu bleiben, noch früher aufzustehen, noch mehr Netze auszuwerfen und die Konkurrenten mit allen Mitteln ‘auszustechen’. Die plakativ eingesetzte Farbe Rot steht somit als Synonym für die Aggressivität, die auf solchen Märkten oft vorherrscht - ein Konkurrenz- und Überlebenskampf, der ‘bis aufs Blut’ geführt wird.
Die Strategie, mit innovativen Produkten oder Dienstleistungen einen neuen Markt zu erobern, hat in der Wirtschaftsgeschichte eine lange Tradition. Der Blue-Ocean-Ansatz liefert jedoch eine präzise Beschreibung und damit Klarheit darüber, warum es sich nicht lohnt, alle Energie des Unternehmens darauf zu verwenden, wettbewerbsfähig zu bleiben, und welche strategischen Entscheidungen notwendig sind, um Geschäftsmodell- und Produktinnovation in der eigenen Organisation zu fördern und zu einem Teil des Tagesgeschäfts zu machen.
Ein prominentes Beispiel für die Erschließung eines bis dahin unbekannten Marktes ist der “Benz 1” von Carl Benz. Diese Erfindung stieß zunächst auf viel Unverständnis und Ablehnung: Zu unsicher, zu schnell und in dieser Hinsicht veraltet erschien das Gefährt, denn schließlich gab es Pferde, mit deren Handhabung die Bevölkerung vertraut war.
Zu diesem Zeitpunkt war den wenigsten klar, wie sehr sie diese Maschine nutzen und brauchen würden. Erst die Einführung des Produkts schuf eine Nachfrage, nämlich die nach einer viel einfacheren Mobilität, die es vorher nicht gab.
Viele der heutigen Industrien sind auf diese Weise entstanden - und haben sich im Laufe der Zeit zu roten Ozeanen entwickelt (wie die Automobilindustrie). Das Bewusstsein für diese Strategie wird in der heutigen (Wirtschafts-)Welt - aufgrund veränderter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Einflussfaktoren wie Digitalisierung und Globalisierung - immer wichtiger. Daher wird es immer wichtiger, unentdeckte Marktnischen zu finden und zu bedienen.

Nutzen von Blue Ocean-Strategien

Blue-Ocean-Strategien zielen darauf ab, neue Kundennachfrage zu schaffen und andere, neue Kunden jenseits des bestehenden Wettbewerbs zu gewinnen. Der Vorteil besteht darin, dass es in einem neu geschaffenen Markt wenig oder gar keinen Wettbewerb gibt. Selbst wenn es einige Anbieter gibt, die beginnen, die gleiche Marktnische zu besetzen, wird aus einem blauen Ozean nicht sofort ein roter Ozean.
In einem solchen Markt mit wenigen oder keinen Konkurrenten gibt es keine Vergleichbarkeit der angebotenen Leistung, da kein direkter Bezug zum Kosten-Nutzen-Verhältnis hergestellt werden kann. Bei der Einführung eines bahnbrechenden Produktes fehlt nicht nur der Bezug zu einem vergleichbaren Produkt, er wird auch von den Kunden nicht gewünscht - sie sind bereit, für eine Innovation zu zahlen, die ihnen ungeahnte Potenziale eröffnet.
Setzt ein Unternehmen ausschließlich auf Red Ocean-Strategien, dreht sich alles um die Wettbewerbsfähigkeit. Da es auf dem etablierten Markt viele Anbieter gibt, wird das eigene Angebot ständig an vergleichbaren Produkten ausgerichtet und optimiert (z.B. durch Premium-Edition, niedrigsten Preis etc.), um die Konkurrenz auszustechen. Hier besteht ein direkter Bezug zum Kosten-Nutzen-Verhältnis und die Kunden verlangen ein entsprechend optimales Ergebnis und investieren Zeit, um dieses zu finden; so kann ein Indikator dafür, ob ein Produkt zu einem Red Ocean Markt gehört, sein, dass es auf einem der zahlreichen Preisvergleichsportale zu finden ist.
Unternehmen, die sich in einem Roten Ozean befinden, setzen viele Ressourcen ein, um Strategien zu finden, wie sie die Kundennachfrage von konkurrierenden Unternehmen für ihre eigenen Produkte gewinnen können (z.B. mehr oder außergewöhnliche Werbung, besserer Service etc.). Dadurch wird der Wettbewerb zwischen den Unternehmen weiter verschärft und der permanente Druck kann sich entsprechend in den einzelnen Unternehmen selbst widerspiegeln (Bonuszahlungen bei entsprechender Leistungserbringung, ‘Bestrafung’ bei Nichterreichen gesetzter Kennzahlen usw.).

Digitalisierung bietet Potenzial für Blue-Ocean-Ansätze

Die Entwicklung von Blue-Ocean-Märkten ohne Wettbewerb und Preisbindung war noch nie so einfach wie heute. Durch die Automatisierung von Prozessen und den relativ einfachen Zugang zum gesamten Weltmarkt, z.B. durch das Angebot eines virtuellen Produkts, kann auch der “Long Tail” von Marktnischen ein profitables Geschäft darstellen.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der horizontalen Integration von Geschäftsmodellen. Innovative Dienstleistungen können durch die Kombination zweier Geschäftsmodelle entwickelt werden, die zuvor nichts miteinander zu tun hatten (z. B. Uber, das das Konzept von App-Diensten mit privaten Mitfahrgelegenheiten kombiniert hat, oder Lieferando, das das Konzept von App-Diensten mit Restaurants ohne eigenen Lieferservice kombiniert hat).
Silicon Valley ist besonders stark in der horizontalen Integration von Geschäftsmodellen. Dort geht es weniger um vertikale Innovation oder Produktverbesserung (Fokus auf Null-Fehler-Produkt und Kosteneffizienz - was insbesondere in der deutschen Ingenieurs-Unternehmenskultur als bevorzugte Strategie umgesetzt wird), sondern um die Kombination von Themen in einem digitalen Geschäftsmodell, die vorher nicht zusammengehörten - und das Austesten solcher Marktnischen durch Beta-Produkte oder MVPs (Minimal Viable Products).

Fallbeispiele erfolgreicher Blauer Ozean-Implementierungen

Das US-amerikanische Unternehmen Uber hat einen neuen Markt für die gelegentliche Personenbeförderung geschaffen. Zuvor war dieser Markt den professionellen Taxiunternehmen vorbehalten. Uber hat das Konzept der privaten Mitfahrgelegenheit mit einem professionellen App-Dienst kombiniert, der dafür sorgt, dass mit einem Klick ein Auto bestellt werden kann,
  • ein Auto mit einem Klick bestellt werden kann,
  • die Wartezeiten durch die Verfolgung der Fahrzeuge in Echtzeit (Tracking) verkürzt werden und schließlich
  • die Rechnungsstellung automatisiert wird.
  • Auch der Preis wird vorab angezeigt und nicht erst am Ende der Fahrt - wie bei Taxifahrten.
So wird der gesamte Prozess transparent und nachvollziehbar in der App abgebildet.
Apple hat mit iTunes die Art und Weise, Musik online zu kaufen bzw. zu leihen und zu hören, grundlegend verändert. In diesem Geschäftsmodell wurde die MP3-Technologie mit den Möglichkeiten des neuen Internets (2003) verbunden. Statt ganze Alben analog zu kaufen, war es bei iTunes erstmals möglich, gezielt einzelne Songs auszuwählen - ohne auf Single-Veröffentlichungen warten zu müssen.
Zudem schuf iTunes eine legale Alternative zu illegalen digitalen Musiktauschbörsen wie Napster, indem es ein neuartiges Digital Rights Management (DRM) einführte. Damit legte es den Grundstein für alle Streaming-Dienste (das Anhören oder Ansehen von Audio- oder Videoinhalten ohne Herunterladen der Dateien), die heute auf dem Markt sind (wie Spotify für Musikstreaming oder Netflix für Videostreaming).
An beiden Geschäftsmodellen gibt es berechtigte Kritik. So bleibt Uber eine Antwort auf die soziale Frage der Scheinselbständigkeit und geringen Bezahlung der Fahrer schuldig und das Digital Rights Management bei iTunes benachteiligt die Musiker im Vergleich zu den Musikverlagen. Dennoch sind sie Paradebeispiele für die Schaffung neuer Märkte, die die Art und Weise, wie wir über Personenbeförderung und Musikhören denken, paradigmatisch verändert haben.
Darüber hinaus haben iTunes - und Nachfolgedienste wie Spotify - für eine Demokratisierung des Marktzugangs gesorgt, da jede Privatperson ihre eigenen Musikproduktionen hochladen und der Öffentlichkeit anbieten kann, ohne bei einem Musikverlag unter Vertrag stehen zu müssen. Dieser Exkurs wird in diesem Playbook nicht weiter vertieft, da er in erster Linie dazu dient, die Möglichkeiten neuer Geschäftsmodelle und die damit verbundenen Strategien aufzuzeigen.
Ein drittes Beispiel jenseits des Silicon Valley ist das Entertainment-Unternehmen Cirque du Soleil: Mitte der 1980er Jahre schuf der kanadische Straßenkünstler Guy Laliberté ein Zirkuskonzept ohne Tierdressuren. Hauptattraktion wurden akrobatische Darbietungen, gepaart mit Theaterkunst und Live-Musik. Mit dem Programm “Reinvent the Circus” (“Den Zirkus neu erfinden”) startete das Ensemble 1987 eine Tournee durch die USA, die den Cirque de Soleil innerhalb kürzester Zeit berühmt machte. Mit ihrem innovativen Konzept erschlossen sie sich einen neuen Markt und neue Zielgruppen: Während sich der traditionelle Zirkus an Kinder bzw. Familien richtet, spricht der Cirque de Soleil vor allem Erwachsene an, da die Bühnenshow sehr hochwertig gehalten ist - jenseits einer Manege mit Sägespänen.
Jedes Programm zielt darauf ab, die Zuschauer auf eine Erlebnisreise mitzunehmen. Damit schuf sich der Cirque de Soleil einen konkurrenzlosen Markt und konnte höhere Preise erzielen als frühere Zirkusformate. Das Unternehmen, das mit 73 Mitarbeitenden in Kanada startete, ist heute ein international operierendes Unternehmen mit über 5'000 Mitarbeitenden.
Dies zeigt die wirtschaftliche Bedeutung von innovativen Produkten, die offene Märkte erschließen. Die besondere Bedeutung der Blue Ocean Strategy für KMU soll im folgenden Abschnitt verdeutlicht werden.

Erste Schritte

Die Blue Ocean Strategy (auch Value Innovation genannt) ist für KMU von Bedeutung, da Statistiken zeigen, dass die Einführung innovativer Geschäftsmodelle oder Produkte einen entscheidenden Beitrag zum Gewinn der Unternehmen leistet (siehe Grafik: Gewinnauswirkung von Profit Impact).
Um zu beurteilen, unter welchen Bedingungen eine Blue-Ocean-Implementierung funktionieren kann, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Auf der einen Seite steht der Kostendruck, der reduziert werden muss. Auf der anderen Seite geht es darum, den größten Nutzen für Kunden zu liefern.
In dem Bereich, in dem die Kosten deutlich geringer und der Nutzen für Kunden ausreichend hoch ist als bei bestehenden Produkten, hat das Unternehmen den Bereich der sogenannten Value Innovation - den Blue Ocean - erreicht.

Die Nutzenkurve

Um zu beurteilen, ob eine (blaue) Produktinnovation in einem bestehenden (roten) Markt möglich ist, kann eine Nutzenkurve erstellt werden. Diese wird anhand verschiedener Faktoren (in der Grafik abstrakt als neun Punkte dargestellt) erstellt, die ein bestehendes Produkt beschreiben. Das Ergebnis ist eine rote Kurve, die den Industriestandard für ein bestimmtes Produkt symbolisiert.
Zu jedem roten Punkt gibt es einen Nutzen, der geliefert und auch von den Kunden erwartet wird. Eine Blue Ocean Strategie wäre in diesem Fall, sich nicht um Produktinnovationen in den Faktoren zu kümmern, in denen der Nutzen des Standardproduktes bereits hoch ist (linker Teil der roten Kurve). Vielmehr konzentriert man sich auf den Teil der Faktoren, bei denen der Kundennutzen bisher gering ist - weil die Notwendigkeit noch nicht erkannt wurde oder weil noch nicht versucht wurde, hier einen höheren Nutzen zu generieren.
Wird ein Produkt gerade in diesen bisher vernachlässigten Punkten verbessert, so kann ein neuer Kundenkreis erschlossen werden, der bisher das Standardprodukt nicht genutzt hat - das Kundenerlebnis eines Produktes kann sich also verändern. Es kann sein, dass diese neue Kundschaft in der Menge nicht so groß ist wie die, die bereits das Standardprodukt kauft (und möglicherweise nicht wechselt), aber die neue Kundschaft steht außerhalb des Wettbewerbs mit dem anderen Produkt - da das neue Produkt eine Exklusivität bietet, die vom Standard nicht bedient wird.
Dies stellt sicher, dass die Kunden den höchsten Nutzen haben, der von keinem anderen Anbieter geliefert wird, was höhere Preise rechtfertigt und gleichzeitig Kundenbindung verspricht.

Vier Strategien des Blauer-Ozean-Ansatzes

Um von einem bestehenden (roten) Markt zu einem neuen (blauen) Markt zu gelangen, gibt es im Wesentlichen vier Strategien: das Eliminieren oder Reduzieren von Leistungen oder Merkmalen, die nicht (ausreichend) benötigt werden und/oder das Erhöhen oder Schaffen neuer Faktoren. Insbesondere das Weglassen von Faktoren spielt bei der Neukonzeption eines Produktes eine entscheidende Rolle, da dadurch die Produktions- und Prozesskosten insgesamt minimiert werden können.

Beispiele zur Nutzenkurve und dem Anwenden der Strategien

Die Weinwirtschaft der 90er Jahre wurde insbesondere von sieben Faktoren bestimmt:
  • Preis
  • Kommunikationsstrategie durch Verwendung einer eigenen Terminologie
  • Klassisches Marketing (Printmedien/Radio)
  • Qualität des Jahrgangs
  • Prestige und Bekanntheitsgrad des Weinguts
  • Komplexität des Geschmacks
  • Vielfalt der angebotenen Weine
Der Markt bietet zwei Segmente: Premiumweine und preisgünstige Varianten. Erstere zeichneten sich durch einen durchgängig höheren Kundennutzen in allen sieben Faktoren aus.
Die australische Weinmarke Yellow Tail hat seit ihrer Gründung im Jahr 2000 den Markt erweitert, indem sie neue Faktoren geschaffen hat, die von anderen Weinproduzenten nicht berücksichtigt wurden und keine Elemente der Weinbewertung waren: Sie haben das Kauferlebnis neugestaltet, indem sie einen leichteren Zugang für eine junge Käuferschaft ermöglicht haben, die wenig über Wein weiß oder den elitären Charakter einer Weinverkostung völlig ablehnt.
Yellow Tail etablierte sich als Lifestyle-Produkt und erleichterte die Weinauswahl durch eine farbenfrohe, moderne Verpackung, die eine einfache Unterscheidung der verschiedenen Weinsorten ermöglichte. Der Schriftzug in eckigen Klammern sprach eindeutig die Internet-Generation an, die diese ‘Brackets’ aus dem täglichen E-Mail-Verkehr kannte; und zusammen mit dem Bild des hüpfenden (Gelbfuß-)Kängurus wurden Spaß und Abenteuer mit der Marke assoziiert. Damit wurde eine klare Abgrenzung zum bisherigen Image von Weingütern und Weinliebhabern geschaffen und eine völlig neue Zielgruppe erschlossen.
Gleichzeitig vernachlässigt Yellow Tail Faktoren wie Unterscheidungsterminologie, klassisches Marketing und Jahrgangsqualität des Weins völlig und legt weniger Wert auf Weingutprestige, Weinkomplexität und Vielfalt. Die Marke ist nicht für die Gastronomie und Weinverkostung konzipiert, sondern zielt mit ihrem moderaten Preis auf den Privatkonsum über den Verkauf in Supermärkten.
Die australische Marke hat sich in den USA zur Nummer eins unter den importierten Weinen entwickelt und verkaufte dort 2005 mehr Weine als alle französischen Produzenten zusammen (gleiches gilt für die Importe nach Großbritannien).
Ein weiteres Beispiel ist die Darstellung der Nutzenkurve des Cirque de Soleil, dessen Blue Ocean-Erfolg bereits in Kapitel 5 erwähnt wurde. Auch hier zeigt sich der Zusammenhang der Blue-Ocean-Strategien, indem einerseits Kosten gesenkt und eliminiert wurden, da bestimmte Faktoren der bisherigen Zirkusmodelle vernachlässigt wurden, und andererseits neue Faktoren geschaffen wurden, die zur Erschließung eines neuen Marktes führten.
Cirque de Soleil hat Faktoren und Kostenpunkte wie Tierhaltung und -dressur, Starakrobaten oder die Unterscheidung zwischen Parkett- und Logenplätzen eliminiert. Der Cirque de Soleil hat neue Faktoren eingeführt, indem er Wert auf die Schaffung einer völlig neuartigen Bühnenübung mit unterschiedlichen und außergewöhnlichen Sichtachsen gelegt hat; ebenso hat der Cirque de Soleil wechselnde thematische Ausrichtungen der Shows geschaffen, die stets eine qualitativ hochwertige Bühnenshow und Kulisse bieten, wobei der Schwerpunkt auf Livemusik und Tanztheater liegt.

Do’s and Don’ts

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick darüber, inwiefern sich der Blue-Ocean-Ansatz vom Red-Ocean-Ansatz unterscheidet und was zu tun und zu lassen ist, um ‘blaue’ Strategien zu implementieren und zu einem Erfolgsfaktor in der eigenen digitalen Transformation zu machen.
Do’s
Dont’s
Fokus auf Geschäftsmodell-/Produktinnovation zur Erschließung der Blauen Ozeane
 
Fokus auf Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zum Bestehen auf einem Roten Ozean
Implementierung des Blauer Ozean-Ansatzes sorgt für langfristige Nachhaltigkeit
Verbleiben im Roten Ozean sorgt lediglich für das mittelfristige Überleben

Erhöht die Handlungsfähigkeit, indem mit Hilfe der Nutzenkurve die bestimmenden Marktfaktoren bewertet und ungenutzte Potenziale bzw. Veränderungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Verbleiben in gegebenen Handlungsspielräumen: Begrenzte Marktfaktoren werden als gegeben angenommen und der Fokus liegt auf der Beobachtung der Wettbewerber, inwieweit sie an diesen Stellschrauben drehen (Preisunterbietung, neue Premiumangebote etc.).
Die Nutzenkurve schafft Klarheit und Motivation im Unternehmen, die Bereiche ungenutzten Potenzials zu erkunden und die Neuentwicklung gezielt anzugehen.
Erhöht den Kosten-, Zeit- und Leistungsdruck innerhalb des Unternehmens
Erhöht die Unabhängigkeit des Unternehmens von Marktgegebenheiten sowie die Agilität, in neue Bereiche vorzudringen und neue Zielgruppen zu erschließen bzw. neue Bedürfnisse bei bestehenden Kunden zu wecken.
Steigert die Abhängigkeit vom Verhalten der Konkurrenten und den Forderungen/Erwartungen der bestehenden Zielgruppe
Steigert die Bereitschaft der Entwicklung von Prototypen und MVP’s (Minimal Viable Products)
Fokus auf Optimierung von Kosten- oder Produktionspunkten beim bestehenden Produkt

Zu guter Letzt: Lohnt sich der Blauer Ozean vs. Roter-Ozean-Ansatz?

Die Implementierung des Blue Ocean vs. Red Ocean Ansatzes ermöglicht es KMU, mit Hilfe der Nutzenkurve den aktuellen Markt zu sondieren und so zu erkennen, ob man sich in einem roten oder blauen Ozean bewegt. Dadurch wird deutlich, wie viele Ressourcen im eigenen Unternehmen für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und wie viele für die Erschließung neuer Märkte durch Geschäftsmodell- und/oder Produktinnovation und damit für die Steigerung der Nachhaltigkeit des Unternehmens gebunden sind.
Mit Hilfe des Blue Ocean Ansatzes kann der Fokus verändert werden, um verstärkt neue Produkte zu entwickeln und damit neue Märkte bzw. Industrien zu begründen. Dadurch können neue Zielgruppen erschlossen und höhere Preise erzielt (bzw. Kosten optimiert) werden, da diese vom bisherigen Preisempfinden der Kunden entkoppelt werden können (da keine Vergleichbarkeit gegeben ist). Ebenso können die Kosten optimiert werden, da alle Faktoren daraufhin überprüft werden, ob sie für die Neugestaltung des Geschäftsmodells bzw. des Produktes notwendig sind oder ob sie ganz weggelassen bzw. reduziert werden können.
Der Blue Ocean-Ansatz fördert die digitale Transformation innerhalb der Organisation, indem er die Bereitschaft erhöht, Produktprototypen zu erstellen, die schnell erste Ergebnisse liefern, um darauf aufbauend eine bessere Variante zu entwickeln. Ebenso eröffnet er neue Handlungsspielräume wie das Denken in Plattformen oder die Integration von Co-Creation-Ansätzen mit Kunden und Anspruchsgruppen (Stakeholdern).
Aktionsplan: Checkliste zur Einführung von Blue Ocean/Red Ocean
  • Befindet sich unser Geschäftsmodell in einem roten oder blauen Ozean?
  • Auf welchen Bereich der Geschäftsmodell-/Produktentwicklung konzentrieren wir uns?
    • Wettbewerbsfähigkeit (Auflistung der vorhandenen Ressourcen/Kostenpunkte)
    • Innovation (Auflistung der Ressourcen/Kostenpunkte der Entwicklung)
  • Erstellung der Nutzenkurve für unser Geschäftsmodell/Produkt
    • Welche Faktoren bestimmen den aktuellen Markt?
    • Wo stehen wir im Vergleich zu unseren Mitbewerbern?
  • Welche Faktoren der Nutzenkurve können in unserem Geschäftsmodell/Produkt eliminiert werden?
    • Eliminieren
    • Reduzieren
    • Steigern
    • Kreieren

Veranstaltungshinweise, weitere Informationen

Monatlich werden nach und nach und in Wiederholungen die einzelnen Methoden der IHK Digital Transformation Map in kostenfreien Online-Impulsen vorgestellt.
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Unter Online Impulse IHK Digtial Transformation Map finden Sie alle Termine und die Anmeldemöglichkeiten. 
Viele weitere Online-Impulse mit dem Augenmerk auf digitale Themen finden sich unter de Veranstaltungsübersicht impulsnetzwerk.ihk.de.
Hinweis zum generischen Maskulinum unter Einsatzfelder der IHK Digital Transformation Map.

Quellenangaben

  • Sinek, Simon: Frag immer erst: warum: Wie Top-Firmen und Führungskräfte zum Erfolg inspirieren, Redline, München 2014.
  • Kim, W. Chan und Mauborgne, Renée: Der blaue Ozean als Strategie. Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt. Hanser, München 2016.
(Autoren: Gordon Geisler, Emmanuel Beule Herausgeber: Emmanuel Beule, Stand 12.3.2024)