Leitfaden IHK Digital Transformation Map: Zufriedenheitsmanagement

Zufriedenheitsmanagement dient in Unternehmen als Innovationsfaktor auf der Ebene ‘Mensch und Kultur’ und ist gleichzeitig ein Element der Mitarbeiterbindung. Dieser Leitfaden bietet Erläuterungen zur Anwendung und eine Checkliste zur Einführung. Unternehmen, die sich mit ihren Mitarbeitenden und der gemeinsamen Arbeit auseinandersetzen und die Kultur mitgestalten wollen, profitieren von diesen Verfahren.
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Mehrwerte des Zufriedenheitsmanagement 

Warum ist Zufriedenheit ein Innovationstreiber ? 
Eine Gallup-Studie belegt: Mitarbeiter, die zufriedener sind und sich stärker mit ihrem Unternehmen identifizieren, sind mutiger, ihre Ideen, Verbesserungsvorschläge und Innovationen einzubringen. Sie fühlen sich dem Unternehmen verbunden und wollen es mitgestalten.
Zufriedenheitsmanagement bedeutet nicht, einen „Wohlfühlmanager“ einzustellen, der Massagen und Yogakurse organisiert oder den Kaffee ins Büro bringt. Nein: Es bedeutet, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeitenden einen Sinn in ihrer Arbeit sehen - und das Gefühl haben, aktiv an der Entwicklung der Organisation beteiligt zu sein. 
In der Praxis ist derzeit viel von Employer Branding die Rede. Hinter diesem Fachbegriff verbirgt sich die marketingwirksame Gestaltung und Kommunikation der Voraussetzungen eines Unternehmens für die Gewinnung und Bindung von Beschäftigten. Wesentlich ist dabei die Entwicklung des so genannten Employer Purpose, also der Sinnhaftigkeit des Arbeitsverhältnisses, der Identifikation mit dem Unternehmen.
Umso wichtiger ist der Leitsatz, dass Employer Branding dem Employer Purpose folgen muss und nicht umgekehrt.   
Partizipation und aktive Teilhabe an den Geschicken des Unternehmens sind der beste Nährboden für Innovationen, die ein Unternehmen langfristig marktfähig machen. Deshalb ist Zufriedenheitsmanagement längst nicht mehr nur ein Thema der Personalentwicklung, sondern Chefsache. 
Die Verantwortlichen sollten Zufriedenheitsmanagement als Teil der Unternehmensstrategie und Führung als Steuerungsfunktion zur Erreichung der gesetzten Ziele begreifen.

Ausgangssituation: Verständnis von Zufriedenheitsmanagement als Innovationsfaktor 

Made in Germany - Der Fluch guter Qualität
Wofür ist Deutschland bekannt? Für eine nahezu perfekte Fertigungstiefe - also einen reibungslosen Produktionsablauf über mehrere Instanzen oder Glieder einer Lieferkette. 
Beispiel: In einem Airbus steckt nicht nur viel deutsche Ingenieurskunst, sondern jede noch so kleine Schraube hat einen Vornamen, ihre Beschaffung, Lagerung und ihr Einsatzort sind genau definiert. Auch der Einsatz von Werkzeugen ist organisiert wie ein Waffenschrank: Um sie zu benutzen, muss man sie aus- und wieder einchecken, damit sie nicht irgendwo unbeachtet herumliegen. 
Fazit: Hier herrscht Null-Fehler-Toleranz und es entstehen Produkte, die halten. 
Dieser Ansatz ist ideal für komplizierte Prozesse, die standardisiert ablaufen können. Die Kehrseite der Medaille ist, dass dieser Standard - wenn er nicht nur in der Ausführung, sondern in der gesamten Unternehmenskultur und in jedem Prozess und Geschäftsbereich als Goldstandard angesehen wird - wenig Spielraum für Experimente lässt. Was macht dieser Goldstandard ‘Made in Germany’ mit Menschen und Unternehmenskulturen?
Menschen werden darauf getrimmt, wenig Fehler zu machen, perfekt zu entwickeln und zu funktionieren. Die Frage ist: Hilft das bei der digitalen Transformation?
Jedes Unternehmen sollte sich die Frage stellen, wo in der Organisation das oben skizzierte Vorgehen sinnvoll ist und wo den Mitarbeitenden neue Angebote gemacht werden, sich jenseits einer Null-Fehler-Toleranz zu bewegen - ja, wo gerade das Ausprobieren und der Umgang mit Unbekanntem begrüßt und gefördert wird.
Ein anderer Umgang und Innovationstreiber ist die horizontale Integration, also die Verknüpfung einzelner Geschäftsideen und -modelle, die nichts miteinander zu tun haben, zu etwas Neuem. Deutlich werden die Effekte an diesen Beispielen:
  • die Verbindung von Taxibuchung und App (Uber) oder
  • Hotelbuchung und App (AirBnb). 
Für den Erfolg der Ideen war es wichtig, dass alle Beteiligten die Möglichkeit hatten, sehr schnell sehr viele Fehler zu machen, um herauszufinden, was funktioniert - und was nicht.
Eine Testmöglichkeit ist z.B. in Form eines Minimum Viable Products (MVP) - eines minimal nutzbaren oder lebensfähigen Produktes - zu denken. Und genau diese Herangehensweise widerspricht der deutschen Ingenieurskunst. Hier geht es nicht darum, in jedem Prozessschritt die beste Qualität zu liefern, sondern den größten Nutzen zu schaffen. Und das erfordert eine andere Einstellung, ein anderes Mindset.
Es stellen sich kausale Fragen: 
  • Welches Umfeld brauchen die Mitarbeitenden? 
  • um sich agil zu fühlen, motiviert zu sein, Arbeitsmittel und -prozesse selbst zu wählen? 
  • neue Prozesse und Dienstleistungen im Rahmen der digitalen Transformation eines Unternehmens mitzugestalten und umzusetzen?
Die Antworten folgen in den nächsten Abschnitten. Zuvor sollen die Rahmenbedingungen für Innovationen geklärt werden.

Was sind Innovationen?

Warum und wozu braucht man Innovationen und welche Arten von Innovationen gibt es?
Innovation ist eine Idee, die funktioniert. Punkt.  
Aber: In einem Unternehmen gibt es unzählige Ideen - zur Innovation werden sie aber erst, wenn sie umgesetzt werden und funktionieren. Von einer ‘erfolgreichen Innovation’ zu sprechen, ist daher im Wortsinn so doppelzüngig, wie eine Pferderasse als ‘Schimmel’ zu bezeichnen, denn eine Innovation ist immer erfolgreich und definiert sich über ihre Funktionalität.
Es gibt also keine ‘erfolglose Innovation’ - das wäre eine schlechte oder nicht lebensfähige Idee.
Es gibt unterschiedliche Arten von Innovationen. Dienstleistungs- und Produktinnovationen z.B. erschließen neue Märkte und sichern den Fortbestand des Unternehmens. Ebenso gibt es interne Prozessinnovationen (siehe hierzu auch das Segment “Prozesse und Strukturen” in der “Digital Transformation Map” und den dazugehörigen Leitfäden/Playbooks). 
Innovationen sind in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen möglich und wichtig. Fast jede Innovation hat etwas mit Digitalisierung zu tun. Damit hat sie auch immer etwas mit Digitaler Transformation zu tun. Genauer gesagt: Egal welche Innovation heute stattfindet, sie hat immer Digitalisierung in ihrer DNA.
Was bedeutet Zufriedenheit und wie kann sie erreicht werden?
Bevor Sie weiterlesen, beantworten Sie sich bitte die beiden folgenden Fragen: 
  1. Was bedeutet für Sie Zufriedenheit im unternehmerischen und beruflichen Kontext?
    Hinweis: Beantworten Sie die Frage spontan und schreiben Sie Ihre Antwort auf.
  2. Wovon sind Sie im unternehmerischen und beruflichen Kontext ein Fan?
    Hinweis: Beantworten Sie die Frage spontan und schreiben Sie Ihre Antwort auf.
Merken Sie einen Unterschied, wenn Sie über Zufriedenheit und Fan-Sein nachdenken?
Es stellt sich heraus, dass alle Menschen Fans von verschiedenen Dingen sind und etwas damit anfangen können, ‘Fan von etwas/jemandem’ zu sein. Deshalb wird das Fan-Prinzip näher erläutert.

Zufriedenheit steigern reicht nicht

Viele Unternehmen konzentrieren sich ‘nur‘ auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden.
Fazit: Die Mitarbeiterzufriedenheit in deutschen Unternehmen ist über alle Branchen hinweg gut. Doch trotz hoher Zufriedenheit verhalten sich viele Mitarbeitende nicht wie Fans.
Studien belegen, dass viele Mitarbeitende unmotiviert sind und das eigene Unternehmen kritischer bewerten als die Kunden. Ein nicht unerheblicher Teil der Belegschaft arbeitet sogar aktiv gegen das Unternehmen. Keine guten Voraussetzungen für Begeisterung und Leistung, geschweige denn für Transformationen jeglicher Art. Ein eindimensionales Zufriedenheitsmanagement reicht also nicht aus, um Mitarbeiter zu Fans zu machen.
Was macht einen Fan aus?
Betrachtet man einen Fußballfan, so fällt auf, dass er sich gerne in den Farben seines Vereins kleidet, bei Wind und Wetter ins Stadion geht und auch dann zu seiner Mannschaft steht, wenn es in einer Saison mal nicht so gut läuft. Fans fühlen sich mit ihrem Verein verbunden, und das gilt für gute wie für schlechte Tage. 
Übertragen auf ein Unternehmen stellt sich die Frage:
  • Sind die Mitarbeitenden begeistert von der Organisation, ihren Produkten und dem, wofür sie stehen?
  • Bekennen sie im wahrsten Sinne des Wortes Farbe - und zeigen auch in ihrer Freizeit gerne, zu wem sie gehören?
  • Oder finden sie das Unternehmen nur OK und sind froh, einen Job zu haben, schauen sich aber regelmässig nach anderen Möglichkeiten um?
  • Machen sie nur das, was von ihnen verlangt wird, oder denken sie gerne selbst darüber nach, wie man das Unternehmen noch besser machen kann, weil sie sich mit der Organisation verbunden fühlen?
Es macht einen großen Unterschied, ob ein Kunde mit dem Produkt zufrieden oder ein Fan ist. Ebenso ist ein Mitarbeiter anders motiviert bei der Arbeit, wenn er mit dem Unternehmen zufrieden oder begeistert ist und mit ‘Leib und Seele’ dabei ist.
Viele Unternehmensleitungen versuchen nur, die Zufriedenheit zu steigern, indem sie z.B. statt eines kleinen Obstkorbes einen großen in die Küche stellen, den Kaffee kostenlos anbieten, die Mitarbeitenden morgens am Eingang begrüßen und/oder ihnen eigene Parkplätze zur Verfügung stellen. 
Ob sich die Mitarbeitenden dadurch stärker an das Unternehmen gebunden fühlen und in ihrem Engagement und ihrer Loyalität einem Fan gleichen, ist fraglich. Das klassische Zufriedenheitsmanagement als Steuerungsgrösse im Human Resources Management greift deshalb zu kurz. Denn auch hoch zufriedene Mitarbeitende können sich illoyal verhalten. Was braucht es also noch?

Das Fan-Prinzip

Neben der Zufriedenheit braucht es eine emotionale Bindung. Der Fan-Indikator bietet eine zusätzliche Orientierungsgröße im Rahmen des Beziehungsmanagements. Er kann nach folgenden Kriterien gebildet werden:
  • Wiederwahl des Arbeitgebers
  • Weiterempfehlung des Arbeitgebers
  • Wunsch nach Festanstellung
  • Weiterempfehlung von Produkten und Dienstleistungen
Wie kann man herausfinden, ob Mitarbeitende und Kunden Fans sind oder nur zufrieden, aber emotional ungebunden oder gar unzufrieden und ungebunden?
Die Erstellung eines Fan-Portfolios kann dabei helfen und wird im Folgenden anhand eines Fallbeispiels erläutert.

Erstellung eines Fan-Portfolios - ein Fallbeispiel

Wie viele Fans gibt es unter den Mitarbeitenden?
Die Vertriebsleitung eines großen deutschen Unternehmens der digitalen Wirtschaft möchte ihr Loyalitätsmanagement verbessern. In einem Workshop wird das Team gebeten, auf einem Diagramm mit Punktmarkierungen einzuschätzen, wie zufrieden (x-Achse) und emotional gebunden (y-Achse) zum einen ihre Kunden und zum anderen ihre Mitarbeitenden sind.
Kundenzufriedenheit: Die roten Punkte markieren die Einschätzung des Führungsteams wie zufrieden (x-Achse) und emotional gebunden (y-Achse) sie ihre Kund:innen einschätzen.
Mitarbeiterzufriedenheit: Die grünen Punkte markieren die Einschätzung des Führungsteams wie zufrieden (x-Achse) und emotional gebunden (y-Achse) sie die Mitarbeitenden einschätzen.
Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Bewertung des Führungsteams das Bild einer mehr oder weniger zufriedenen Kundschaft mit unterdurchschnittlicher emotionaler Bindung zeichnet. Bei den Mitarbeitenden sieht es dagegen auf den ersten Blick besser aus: Die Streuung verteilt sich hier um die Mitte des Diagramms. Das erste Fazit war, dass das ‘Problem’ wohl doch eher bei den Kunden:innen liegt und die internen Beziehungen besser dastehen als die nach außen.
Aber dann wurde im zweiten Schritt erklärt, welche Bedeutung diese vier Quadranten haben:
Nur die Menschen, die in der rechten oberen Ecke abgebildet sind, können als Fans bezeichnet werden. Sie sind sehr zufrieden und emotional überdurchschnittlich gebunden. Sie sind dem Unternehmen gegenüber loyal und übernehmen aus eigenem Antrieb die Rolle eines Botschafters.
Im restlichen oberen rechten Quadranten befindet sich die Gruppe der Sympathisanten. Sie sind ähnlich zufrieden und gebunden wie die Fans, aber weniger engagiert.
Die Personen im unteren rechten Quadranten werden als Söldner bezeichnet: Sie sind durchaus zufrieden mit der Organisation, bauen aber keine Bindung auf. Sie sind stark leistungsorientiert und orientieren sich als Mitarbeitende am Lohn (bei Kunden am Preis), würden aber bei einem lukrativeren Angebot sofort zu einem anderen Unternehmen wechseln.
Als Gefangene werden die Personen bezeichnet, die dem linken oberen Quadranten zugeordnet werden: Sie sind eigentlich unzufrieden mit der Organisation, aber emotional stark an sie gebunden. Bei Mitarbeitenden, die in diese Kategorie fallen, herrscht eine Grundstimmung der Enttäuschung und Resignation, weil z.B. die Kommunikation fehlt oder das Leistungsversprechen nicht mehr eingehalten wird.
Und dann gibt es noch die Kategorie des Gegners: Personen, die in den unteren linken Quadranten fallen, sind unzufrieden und unengagiert. Problematisch bei diesen Mitarbeitenden ist, dass sie nicht nur für sich unzufrieden sind, sondern ihre Unzufriedenheit offen zeigen, schlecht über das Unternehmen reden und sogar interne Prozesse sabotieren.
Betrachtet man mit diesen Erläuterungen zu den Quadranten noch einmal die Einschätzung des Führungsteams im Fallbeispiel, so ergibt sich ein alarmierendes Bild: Die Kundschaft bewegt sich hier zwischen “Söldnern” und sogar “Gegnern”.
Das Bild der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zu denen ja auch das Führungsteam selbst gehört) ist zwar in allen Kategorien inkonsistent, aber es gibt im Verhältnis erschreckend wenige Punkte bei den “Sympathisanten” und fast keine bei den “Fans”, d.h. es gibt nur wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die loyal sind und aus eigener Motivation heraus die internen Prozesse und Dienstleistungen verbessern und auch nach außen ein positives Bild vermitteln.
Zufriedenheit allein kann teuer werden
Auf Basis dieser Analyse konnte errechnet werden, dass dieses Unternehmen aufgrund dieser Problematik jährlich zwischen 35 und 40 Millionen Euro an Gewinn verliert (bei einem Gesamtjahresumsatz von 400 Millionen Euro), als es eigentlich hätte erwirtschaften können.
Als Sofortmaßnahmen wurden für dieses Unternehmen folgende Schritte vereinbart:
  • Bestandsaufnahme in den einzelnen Teams: Wo stehen wir?
  • Erstellung von Entwicklungsplänen für die Zukunft auf der Basis von 1.) emotionaler Bindung und 2.) Gesamtzufriedenheit inkl. Maßnahmen zu deren Steigerung
  • Offene Selbsteinschätzung in Mitarbeitergesprächen einführen (“Retrospektive”)
  • Kritiker" stärker einbinden und kritische Themen ansprechen
  • Niemanden mehr zum “Gegner” machen, ggf. Arbeitsverhältnis auflösen
Fazit: Wenn man als Führungskraft nur die Dimension der Zufriedenheit betrachtet, wird man auf das Falsche achten bzw. Schlüsse ziehen und Maßnahmen integrieren, die weder die Organisation als Ganzes noch deren Produktivität, Mitarbeiterfluktuation und Innovationskraft maßgeblich fördern. Viel wichtiger ist es, auf die emotionale Bindung zu achten und ein Umfeld - eine Unternehmenskultur - zu schaffen, die diese fördert. Was also brauchen Menschen, um sich in der Organisation wohl zu fühlen, um glücklich und motiviert zu sein und um vom Unternehmen überzeugt zu sein?

Einsatzmöglichkeiten: Nutzen des Fan-Prinzips für Unternehmen

Der Kerngedanke des Fan-Prinzips ist, dass Führungskräfte nicht mehr nur versuchen, die Zufriedenheit durch immer mehr Leistung - durch Gehaltserhöhungen, Boni usw. - zu steigern. 
Zum einen nimmt die Wirksamkeit dieser extrinsischen Anreize mit steigendem Einsatz ab. Zum anderen wird dabei die Ebene der emotionalen Bindungen und entsprechender Maßnahmen völlig vernachlässigt. Es zeigt sich, dass der Fokus auf die Steigerung der emotionalen Bindung wesentlich mehr bringt! Und sie ist sogar leichter zu erreichen als reine Zufriedenheit.
Das Fan-Prinzip konzentriert sich auf die Steigerung der emotionalen Bindung, so dass aus “Söldnern” und “Sympathisanten” echte “Fans” des Unternehmens werden.
Wichtige Vorteile, wenn Mitarbeitende Fans des Unternehmens sind
Die Steigerung der emotionalen Bindung der Mitarbeitenden wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv auf das Unternehmen aus. Drei Punkte sollen hier hervorgehoben werden, die insbesondere im Hinblick auf die digitale Transformation und die Steigerung der Innovationskraft entscheidend sind:
1. Fans sind loyal. 
Mitarbeitende mit überdurchschnittlicher Zufriedenheit und emotionaler Bindung sehen sich nicht ständig nach anderen Jobs außerhalb des Unternehmens um, während dies bei “Söldnern” und selbst bei “Sympathisanten” regelmäßig der Fall ist - obwohl Mitarbeitende dieser Kategorien überdurchschnittlich zufrieden sind. Eine typische Aussage eines “Fans” ist: “Ich würde mich jederzeit wieder für meinen Arbeitgeber entscheiden.”.
2. Die Fans leben die Unternehmenskultur.
Der Fokus der “Fans” ist klar auf die Verbesserung und Verbreitung der Unternehmensziele ausgerichtet und wird auch nach außen transportiert (Botschafterfunktion). Eine typische Aussage eines “Fans” ist: “Ich identifiziere mich mit der Philosophie und den Zielen meines Arbeitgebers”.
3. Fans sind überdurchschnittlich motivierte Mitarbeitende, die motiviert sind.
Der Motivationsindex zeigt, dass “Söldner” und “Sympathisanten” zwar auch motiviert sind, dies aber nicht mit der überdurchschnittlichen (intrinsischen) und konstant hohen Motivation eines “Fans” vergleichbar ist. 
Fazit: “Emotionale Bindung” als zusätzliche Messgröße ermöglicht eine kostengünstigere und höhere Mitarbeiterbindung. Die Ausrichtung des Führungsverhaltens an der emotionalen Bindung erhöht die langfristige Loyalität und (intrinsische) Motivation der Mitarbeitenden, so dass diese auch bereit sind, mehr in das Wachstum des Unternehmens zu investieren. Dies erhöht die Arbeitgeberattraktivität signifikant und reduziert gleichzeitig teure Rekrutierungs- und Trennungskosten.

Erste Schritte

Es zeigt sich, dass die Steigerung der emotionalen Bindung keine Raketenwissenschaft ist und keine komplizierten und schwer umsetzbaren Maßnahmen erfordert. Studien zeigen, dass Mitarbeitende zu “Fans” werden, wenn sie in einem Umfeld arbeiten, in dem ihre Probleme wahrgenommen und gemeinsam gelöst werden, ein wertschätzender Umgangston gepflegt wird und gute Arbeit offen anerkannt und gelobt wird.
"Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über Ihren direkten Vorgesetzten zu? - Prozentuale Verteilung bei der Mitarbeiterbefragung zwischen “Fans” und “Söldnern”.
"Werte stehen nicht nur auf dem Papier, sie werden auch gelebt".
Ebenso ist ein regelmäßiger Austausch - auch auf persönlicher Ebene - ein wichtiger Baustein, bei dem Verbesserungen in der Arbeitsweise des Mitarbeiters besprochen werden, aber auch konstruktive Kritik an der Führung des Vorgesetzten geäußert werden kann. Hat der Mitarbeiter die Möglichkeit, seine Ideen einzubringen? Wird er ermutigt, außerhalb bestehender Strukturen oder Ziele zu denken und neue Strategien zu entwickeln? Und wird der Wert seiner Eigeninitiative offen gewürdigt?

Agilität ermöglichen

Als Führungskraft ist es wichtig zu beurteilen, inwieweit den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben wird, sich partizipativ einzubringen. Agilität wird von den Mitarbeitenden als befähigend erlebt. Können Mitarbeitende ihre Arbeitsmittel und -prozesse selbst wählen? Dies stärkt die Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit und führt zu mehr Wettbewerbsfähigkeit.
Es wird nochmals betont: Es geht nicht um emotionale Manipulation, um ein oberflächliches “Wohlfühl-Flair”, sondern um eine authentisch gelebte, emotionale Einbindung der Mitarbeitenden und ein ehrliches Interesse daran, was sie brauchen, um bestmöglich zu arbeiten, die Organisation als “Fan” wahrzunehmen und nach außen zu tragen.
Kleine Schritte, große Wirkung: Emotionale Bindung fördert Innovation
Die oben beschriebenen, relativ einfach umzusetzenden Maßnahmen sorgen für eine hohe emotionale Bindung. Studien belegen, dass insbesondere die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens steigt, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter agil sind und wirklich gesehen und gehört werden. Dies erhöht die Motivation und Handlungsaktivität, eigene Ideen einzubringen und weiterzuentwickeln.
Die Mitarbeitenden wissen, wofür sie arbeiten und was das übergeordnete Ziel des Unternehmens ist. Digitale Transformation ist immer eine Innovation von Prozessen, Geschäftsmodellen und Dienstleistungen in einem Unternehmen. Um diese erfolgreich zu gestalten, braucht es daher zufriedene und vor allem emotional gebundene (d.h. agil eingestellte) Mitarbeitende.
Die Erfolgsformel für Zufriedenheitsmanagement als Innovationsfaktor lautet: Zufriedenheit x emotionale Bindung

Do’s and Don’ts

Do’s Don’ts
Integrative Betrachtung sowohl der Ebene "Globalzufriedenheit" als auch der Ebene "Emotionale Verbundenheit Konzentration auf die Ebene der "Zufriedenheit
Schaffung eines Umfeldes/einer Unternehmenskultur, die neben einem adäquaten Leistungsangebot insbesondere eine emotionale Bindung schafft Bei Maßnahmen nur an der Leistungsschraube drehen (Gehalt, Boni, Anreize etc.)
Gemeinsamer Blick auf den Status Quo "Wo stehen wir gerade? Ausschließlich Top-Down-Maßnahmen zur Motivation des Mitarbeitenden durch extrinsische Anreize
Gemeinsame Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen  
Einführung eines guten Trennungsmanagements
(Verbindlicher Interventionsplan; Trennungen als Projektmanagement verstehen; Trennungsrituale konsequent leben und positiv gestalten; Führungskräfte schulen)
Fokus auf Rekrutierung und Leistungsangebot, aber schlechtes Trennungsmanagement (sonst werden “Gegner” entlassen und es entsteht ein “Survivor-Syndrom” - Gefahr für die Verbleibenden!)

Typische Fallstricke in der Umsetzung

Gutes Trennungsmanagement ist Teil des Fan-Prinzips
Interessanterweise ist ein professionelles Trennungsmanagement ein wichtiges Instrument, um das Fan-Prinzip auf allen Prozessebenen im Unternehmen sicherzustellen. Häufig liegt der Fokus auf der freundlichen Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die eigene Prozesse entwickelt und Abläufe klar geregelt werden.
Das Trennungsmanagement hingegen wird als ungeliebtes Übel angesehen, das möglichst schnell und “unemotional” abgewickelt wird. Dies kann jedoch dazu führen, dass Personen, die während ihrer Beschäftigungszeit sogar relativ zufrieden waren, zu “Gegnern” werden und letztlich schlecht über das Unternehmen sprechen.
Außerdem wird übersehen, dass ein “Problem” - ein schlecht arbeitender Mitarbeiter - nicht einfach verschwindet, wenn man ihn entlässt. Wird das Trennungsmanagement unachtsam gehandhabt und herrscht insgesamt eine hohe Fluktuation im Unternehmen, kann es bei den Verbleibenden zu einem “Survivor-Syndrom” kommen; vorher motivierte und zufriedene Mitarbeitende können unsicher werden und es kann sich eine negative Stimmung gegenüber Vorgesetzten entwickeln, wenn diese sich bei der Kündigung respektlos verhalten.
Alle Bemühungen, die Zufriedenheit und emotionale Bindung zu erhöhen, können zunichte gemacht werden, wenn Trennungsprozesse schlecht und unprofessionell durchgeführt werden.
Trennungen als eigenes Projekt zu behandeln und dafür einen klar definierten Prozess zu entwickeln, muss als wichtiger Baustein des Führungsmanagements verstanden werden. Dazu gehören u.a. ein verbindlicher Interventionsplan, die konsequente Einführung und positive Gestaltung von Trennungsritualen sowie eine adäquate Ausbildung der Führungskräfte im Trennungsmanagement.
Heureka! Wenn Kündigungen zur Prozessinnovation werden
Während viele Unternehmen dem Trennungsmanagement nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken, weil es als negativer Faktor wahrgenommen wird, kann ein klug gestalteter und positiv ausgerichteter Kündigungsprozess sogar zu einem echten Wettbewerbsvorteil werden. Denn auch so etwas spricht sich innerhalb und außerhalb der Organisation herum und die Menschen erleben “es geht auch anders”.
Denn das Thema Kündigung ist für die meisten Beschäftigten allgegenwärtig. Eine eigene Befragung des Autors im Jahr 2021 deckt sich hier mit anderen Studien (z.B. der Gallup-Studie), wonach sich ein Fünftel der Befragten regelmäßig mit dem Thema Kündigung in eigener Sache auseinandersetzt: Insgesamt 20,56% der Befragten geben an, “sehr oft” (5,61%) oder “ziemlich oft” (14,95%) mit dem Gedanken zu spielen, zu kündigen.
[Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass der Grad der emotionalen Bindung das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst. Kurz gesagt: Je höher die emotionale Bindung, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Mitarbeiter im Sinne seines Arbeitgebers handelt. Das bedeutet, dass die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens steigt, je mehr Mitarbeiter emotional gebunden sind.” (Marko Nink, im Gallup Engagement Index)
Gerade bei diesem Thema zeigt sich, wie wichtig es ist, die emotionale Bindung an das Unternehmen aktiv zu fördern: Einerseits trägt sie dazu bei, dass Mitarbeitende weniger mit dem Gedanken spielen zu kündigen, andererseits können Menschen, die das Arbeitsverhältnis beendet haben, bei richtigem Trennungsmanagement “Fans” bleiben und positiv über das Unternehmen berichten.

Checkliste zur Einführung von Zufriedenheitsmanagement 

  • Bestandsaufnahme: Wie zufrieden und emotional gebunden sind unsere Kund:innen? 
  • Fan-Portfolio mit dem Führungsteam erstellen (ggf. in einzelnen Teams)
  • Bestandsaufnahme: Wie zufrieden und emotional gebunden sind unsere Mitarbeiter:innen? 
  • Fan-Portfolio mit Führungsteam erstellen (ggf. in einzelnen Teams)
  • Inwieweit enthalten unsere Entwicklungspläne Maßnahmen a) zur emotionalen Bindung, b) zur Gesamtzufriedenheit?
  • Bestandsaufnahme unserer Unternehmenskultur in Bezug auf emotionale Bindung
  • Ist der Umgangston wertschätzend? Welche Verbesserungsmaßnahmen können diesbezüglich ergriffen werden?
  • Wie regelmäßig finden Mitarbeitergespräche statt? Welche Verbesserungsmaßnahmen können diesbezüglich ergriffen werden? (z.B. offene Selbstbewertung einführen)
  • Wie kann die Eigeninitiative und Partizipation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den einzelnen Geschäftsbereichen erhöht werden? Welche Verbesserungsmaßnahmen können diesbezüglich ergriffen werden?
  • Wie ist unsere Fehlerkultur definiert? Ist sie für die Mitarbeitenden transparent und nachvollziehbar?
  • Wie wird mit Kritik umgegangen? Wie können Kritiker besser eingebunden werden?
  • Wie sieht das aktuelle Trennungsmanagement unserer Organisation aus?
  • Interventionsplan: klare Eskalationsstufen definieren
  • Kann das Projektmanagement “Trennung” verbessert werden?
  • Trennungsrituale auf Führungsebene definieren und einführen
  • Meine Maßnahmen zur Verbesserung des “Trennungs”-Trainings der Führungskräfte

Veranstaltungshinweise, weitere Informationen

Monatlich werden nach und nach und in Wiederholungen die einzelnen Methoden der IHK Digital Transformation Map in kostenfreien Online-Impulsen vorgestellt.
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Unter Online Impulse IHK Digtial Transformation Map finden Sie alle Termine und die Anmeldemöglichkeiten. 
Viele weitere Online-Impulse mit dem Augenmerk auf digitale Themen finden sich unter de Veranstaltungsübersicht impulsnetzwerk.ihk.de.
Hinweis zum generischen Maskulinum unter Einsatzfelder der IHK Digital Transformation Map.

Quellenangaben

Roman Becker, Gregor Daschmann: Das Fan-Prinzip. Wie sie aus Kunden wirklich Fans machen und wie Sie davon profitieren. Springer Gabler
(Autoren: Gordon Geisler, Emmanuel Beule Herausgeber: Emmanuel Beule, Stand 19.1.2024)